Samstag, 29. Januar 2011

adlerkuss im Kino: Tron Legacy

Sam Flynn (Garrett Hadlund) gerät, als er den Verbleib seines lange verschollenen Vaters untersucht, in die Computerwelt The Grid. Dort hat Papa Kevin (Jeff Bridges) die letzten 25 Jahre verbracht, nachdem ihm sein Alter ego, das Computerprogramm Clu (Jeff Bridges in einer 25 Jahre jüngeren CGI-Version) die Rückkehr in die echte Welt unmöglich gemacht hatte. Sam, Kevin und dessen Mündel, die geheimnisvolle und toughe Quorra (Olivia Wilde) versuchen sich dennoch an der Flucht.

Die Fortsetzung des legendären Films "Tron" von 1982, der wie bis dato kein anderer die technischen Möglichkeiten des Computers zur Schaffung völlig neuer Bildwelten nutzte, ist wohl der erste ganz große Blockbuster des neuen Jahres, selbstredend in 3D. Und auch unabhängig vom Format ist "Tron Legacy" über alle Maßen bildgewaltig und in seiner retrofuturistischen Optik überwältigend, dabei jedoch trotzdem auch der Vorlage stilistisch treu geblieben. Dieses Bekenntnis zum Vorgängerfilm ist auch eine der Stärken von "Tron Legacy": Bruce Boxleitner, einer der damaligen Stars, hat einen sehr charmanten Gastauftritt als väterlicher Freund Sams, in der Spielautomatenhalle, in der der Eingang zur Computerwelt liegt, läuft Softrockmusik der 80er Jahre und wie auch in "Tron" ist ein digitales Motorradrennen das Action-Highlight des Films. Noch mehr als mit Nostalgie punktet "Tron Legacy" allerdings mit seiner Musik: Daft Punk schufen eine atemberaubend grandiose düstere elektronische Klangwelt, die ungeheuer viel Atmosphäre schafft.

Aber (und das ist ein ganz großes "aber") leider leider sind Optik, Soundtrack und nostalgischer Charme in "Tron Legacy" an eine Story verschenkt, die nicht nur esspapierdünn, sondern auch fahrig und lustlos erzählt ist. Leider ist auch die erste Hälfte des Films deutlich schwungvoller erzählt als der Rest, sodass nichts von der ärgerlich öden, unlogischen Geschichte und den sehr blassen Charakteren ablenken kann. Jeff Bridges, der aufgrund seines enormen Talents noch das Beste aus seinem Kevin Flynn macht, ist eine Art Cyber-Dude, der nur dann Superkräfte zu haben scheint, wenn es dem Skript gerade in den Kram passt, alle anderen Gestalten bleiben einem als Zuschauer bis zuletzt völlig gleichgültig. Was am Ende bleibt ist ein mittelmäßiger Science-Fiction-Film, der so damit beschäftigt ist, gut auszusehen und gut zu klingen, dass für mehr als eine völlig lieblos erzählte Geschichte, die sich nicht mal selbst für ihre Charaktere interessiert (Titelheld Tron zum Beispiel huscht nur zweimal unmotiviert durchs Bild...) leider kein Platz mehr ist.

Deutscher Kinostart: 27.01.

Wertung: 2,5 von 5 Adlern.



Ich glotz' TV: 5 Empfehlungen für das Fernsehprogramm von Sa. 29.1. bis Fr 4.2.

Samstag 29.1. RTL 22.15 Uhr
Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!

Die fünfte ("all good things are five", wie eine der Bewohnerinnen des Camps es so schön formulierte) und wohl unterhaltsamste Staffel des soziologischen Experiments im australischen Dschungel unter der fachkundigen und feingeistigen Leitung von Sonja Zietlow und Dirk Bach findet ihren Abschluss in der großen Finalshow am heutigen Abend, wenn die (eigentlich ja eher nebensächliche) Frage geklärt wird, welcher der verbliebenen "Stars" sich fortan Dschungelkönig(in) nennen darf.


Sonntag 30.1. 3sat 23.15 Uhr
Betty Blue - 37,2 Grad am Morgen

Zorg ist ein Tagedieb und ein verhinderter Schriftsteller, femme fatale Betty seine aufbrausende und hochemotionale Geliebte. Auf der Suche nach ihrem persönlichen kleinen Glück ist den beiden kein Ort und kein Job allzu lang gut genug. Das sinnliche und in seiner Ästhetik sehr stilisierte französische Liebesdrama aus dem Jahr 1986 wurde zu einem der Kultfilme seines Jahrzehnts und machte Béatrice Dalle in der Titelrolle zur begehrtesten Frau Frankreichs. Formidable!




Montag 31.1. arte 0.25 Uhr
Schloß Vogelöd - Die Enthüllung eines Geheimnisses

Ein Stummfilm-Leckerbissen für schlaflose Cineasten: Im Zuge einer Jagdgesellschaft auf Schloss Vogelöd stößt Graf Oetsch, der Jahre zuvor des Mordes an seinem Bruder verdächtigt wurde, auf dessen Witwe und deren Mann. Die Gruppe erfährt, dass ein bisher unbekannter Verwandter des Vestorbenen ebenfalls in Richtung des Schlosses unterwegs ist und so entspinnt sich eine mysteriöse Geschichte um Lug und Trug und Sein und Schein. Der spätere Nosferatu-Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau beweist schon in diesem Frühwerk von 1921 seine stilsichere Bildgestaltung und seine großartige Inszenierung von Licht und Schatten.


Mittwoch 2.2. ZDF 22.15 Uhr
Abenteuer Forschung

Unter dem Titel "Mythen, Monster, Weltrekorde" (der auch jeder RTL2-Ballermann-Doku gut zu Gesicht stünde) berichtet Professor Harald Lesch in seiner gewohnt launigen Art über aktuelle Forschungsergebnisse aus der unseren Blicken verborgenen, dunklen Welt der Tiefsee.


Donnerstag 3.2. arte 23.50 Uhr
Der Dämon und die Jungfrau

Baron Kurt kehrt zurück aufs Schloss seiner Familie. Bei seinem Bruder sorgt das nicht eben für Begeisterung, besonders weil seine sadomasochistisch veranlagte junge Verlobte Nevenka sehr von Kurt angetan ist. Als Kurt erstochen wird, scheint sein Geist Nevenka nachts heimzusuchen – natürlich nicht ohne die Peitsche dabei zu haben... Herrlicher Italo-Horror-Erotik-SM-Edel-Trash mit Christopher Lee und Daliah Lavi.

Alles Gute! adlerkuss gratuliert Peter Cornelius zum 60. Geburtstag

Der Wiener Liedermacher und Austropopper hatte seine größten Erfolge in den 80er Jahren mit den herrlichen Aussteiger-, Frühstücker- und Jugendliebehymnen "Reif für die Insel", "Der Kaffee ist fertig" und "Du entschuldige i kenn di". Heute feiert Peter Cornelius, der auch bei Enigma Gitarre spielte und der im März und April auf großer Tournee durch Bayern ist, seinen 60. Geburtstag. Das Ständchen singt er sich selbst und uns allen, die wir uns mit dem Text von "Reif für die Insel" nur zu gut identifizieren können:

Samstag, 22. Januar 2011

adlerkuss im Kino: Black Swan

Für die perfektionistische Balletttänzerin Nina (Natalie Portman) geht ein Traum in Erfüllung: In einer Neuinszenierung von Schwanensee soll sie sowohl die weiße Schwanenkönigin Odette, als auch deren schwarzes und leidenschaftliches Gegenstück Odile tanzen. Letzteres traut der charismatische, aber auch zundringliche Regisseur Thomas (Vincent Cassel) ihr aber nur schwerlich zu. Außerdem setzen ihre übermäßig fürsorgliche Mutter (Barbara Hershey), die die eigenen enttäuschten Karriereträume über ihre Tochter auszuleben versucht und die jüngere, unbeschwerte Tänzerin Lily, die zur ernstzunehmenden Konkurrenz zu werden scheint, Nina zusätzlich derart unter Druck, dass sie sowohl physisch als auch zunehmend psychisch zu zerbrechen droht.

Natalie Portman, die bereits 8 Monate vor Drehstart mit dem Training begonnen und zudem für den Film zehn Kilo abgenommen hat, steht in nahezu jeder Szene des Films im Mittelpunkt und ist in der Rolle der zerbrechlichen und zunehmend gebrochenen Nina absolut überzeugend. Diese Oscarstatue wird sie sich am 27. Februar definitiv abholen, da lege ich mich gerne fest. Aber auch Vincent Cassel als abgründiger Regisseur und vor allem Barbara Hershey als übermächtige Mutterfigur mit Kontrollzwang liefern großartige darstellerische Leistungen ab.

Die visuelle Inszenierung mit ihren sorgsam dosierten Spezial- und Schockeffekten, die herausragenden Darsteller und die großartige Musik von Clint Mansell, der eine Art Albtraumversion von Tschaikowskys Schwanensee geschaffen hat, ergeben ein beeindruckendes Kinoerlebnis, das das Publikum in den Sessel fesselt und ihm vor allem in der furiosen und atemberaubenden letzten halben Stunde den Mund vor Staunen offen lässt. Regisseur Darren Aronofsky, der hier ebenso wie bereits vor zehn Jahren mit "Requiem for a Dream" mit intensiven Bildern eine kranke Seele in Szene zu setzen weiß, ist mit "Black Swan" ein verstörendes Meisterwerk gelungen, das dem Zuschauer durch Mark und Bein geht und ihn auch nach dem Kinobesuch nicht so schnell los lässt.

Deutscher Kinostart: 20.01.

Wertung: 5 von 5 Adlern.



Donnerstag, 20. Januar 2011

Alles Gute! adlerkuss gratuliert Gary Barlow zum 40. Geburtstag!

Kinder, wie die Zeit vergeht. Wenn nun ein Mitglied der angesagtesten Boyband der eigenen Jugend bereits das 40. Lebensjahr vollendet, muss man wohl der Tatsache ins Auge blicken, dass man selbst auch schon eher zum Alteisen gehört. Gary Barlow, oder – wie ihn die hübschen Mädchen aus der Parallelklasse 1994 schändlicherweise eher zu nennen pflegten – "der blonde Dicke" hatte neben dem "süßen Marky", dem "frechen Robbie" und sogar neben "welcher ist jetzt nochmal Jason und welcher Howard?" einen eher schweren Stand, was die Begeisterung der jugendlichen Fans anging, doch schon damals war er mehr oder weniger der Leadsänger von Take That und auch viele der Hits entsprangen seiner Feder. Seit der Wiedervereinigung 2006 sind die Herren erfolgreicher als je zuvor und mit der vorübergehenden reuigen Rückkehr von Robbie Williams war ihr aktuelles Album drei Monate auf Platz 1 in Großbritannien und die Europatour im Sommer in Windeseile ausverkauft. Herzlichen Glückwunsch zum runden Geburstag, Mr. Barlow!

Hier noch der erste von 11 (!) Nummer-1-Hits von Take That. Veröffentlicht im Juli 1993, geschrieben von Gary Barlow, pure Popperfektion mit einem Video voller sich räkelnder Astralkörper am Strand: "Pray"!

Freitag, 14. Januar 2011

Ich glotz' TV: 5 Empfehlungen für das Fernsehprogramm von Sa. 15.01. bis Fr 21.01.

Samstag 15.01. BR 20.15 Uhr
Kirschblüten – Hanami

Doris Dörries melancholisches Liebesdrama mit Elmar Wepper und Hannelore Elsner war einer der Überraschungserfolge des Jahres 2008 und ist für mich einer der besten deutschen Filme aller Zeiten. Die Geschichte des grantigen bayerischen Rentners Rudi, der in Japan seinen ganz eigenen Weg der Trauerbewältigung findet, ist berührend und wunderbar zurückhaltend erzählt. Der Dörrie-Themenabend im Bayerischen Fernsehen geht um 22.25 weiter mit der ebenfalls sehenswerten Satire "Bin ich schön?".




Sonntag 16.01. RTL 22.15 Uhr
Ich bin ein Star - holt mich hier raus!

Dschungelcampzeit! Mehr (Ex-Kommunarde Rainer Langhans) oder weniger (Äh, Ex-Moderator(?) Peer Kusmagk?) prominente Menschen liegen in einem australischen Zeltlager herum und sammeln in regelmäßigen Abständen kleine gelbe Sterne ein, während sie mit Maden wahlweise überschüttet oder gefüttert werden. Super Sache, oder?


Dienstag 18.01. 3Sat 20.15
Der Schrei der Eule

Robert zieht in die französischen Provinz und entwickelt eine starke Faszination für eine Frau aus der Nachbarschaft. Deren Partner mag das gar nicht gefallen... Cleverer Krimi mit bitterbösem Humor von der letztes Jahr verstorbenen Regielegende Claude Chabrol nach einer Romanvorlage der englischen Krimi-Lady Patricia Highsmith. Hochspannend!


Mittwoch 19.01. arte 22.00 Uhr
Cold Fever

Ein junger Japaner reist nach Island um eine rituelle Zeremonie am Ort des Todes seiner Eltern durchzuführen. Und wie es sich für ein schönes Roadmovie gehört, spielt die wunderbar fotografierte isländische Landschaft eine ebenso große Rolle, wie die zahlreichen großen und kleinen Begegnungen, die er unterwegs macht. Ein leises, surreales Filmjuwel.


Donnerstag 20.01. arte 22.10 Uhr
Wild Thing - Eine Geschichte der Rockmusik (1/2)

Rockmusik als Ausdruck einer rebellischen Jugendbewegung, dieses Klischee scheint angesichts eines CSU-Ministers im AC/DC-Shirt und im Zeitalter der Klingeltondownloadcharts endgültig passé. Die zweiteilige arte-Doku "Wild Thing" begibt sich in den Archiven auf die Suche nach diesem verlorenen Ideal und zeichnet dabei eine Geschichte der Rockmusik von Chuck Berry über Iggy Pop bis Pete Doherty. Der zweite Teil läuft am Donnerstag, den 27.1. um 22.05 Uhr.

Sonntag, 9. Januar 2011

Top 10 Filme 2010: Platz 5-1

5. Der Ghostwriter (F/D/GB, Regie: Roman Polanski)

Ghostwriter Ewan McGregor wird engagiert, um die Memoiren des ehemaligen britischen Premierministers zu verfassen. Doch bei den Gesprächen und Recherchen im Alterssitz des Politikers stößt er auf diverse Ungereimtheiten... Der herrlich altmodisch und klassisch inszenierte Thriller im Stile eines Hitchcock bietet hochspannende Unterhaltung und Pierce Brosnan als Tony-Blair-Verschnitt ist ein Hochgenuss.




4. Enter the Void (Frankreich, Regie: Gaspar Noé)

Der mehr als zweieinhalbstündige Film ist der abgefahrenste Kinotrip des Jahres und ausschließlich aus der subjektiven Perspektive des Gelegenheitsdealers Oscar erzählt, der zudem noch sehr früh im Film erschossen wird und fortan als Geist durch in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durch Tokios Straßen und Häuser (und Menschen!) schwebt. Ein cineastisches Experiment, das eine hypnotische Faszination ausübt.




3. I Am Love (Italien, Regie: Luca Guadagnino)

Die wunderbare Tilda Swinton dominiert dieses Familiendrama in der Rolle der Ehefrau eines reichen Mailänder Textilpatriarchen, die eine Affäre mit einem Freund ihres Sohnes beginnt. In wunderbar inszenierten Einstellungen und Kamerafahrten werden sowohl die dekadente Lebensrealität voller Luxus in der Familienvilla, als auch die leidenschaftlich sinnlichen Ausbrüche aus diesem starren Alltagskonstrukt atemberaubend schön auf die Leinwand gebracht.




2. Four Lions (Großbritannien, Regie: Christopher Morris)

Nachdem zwei von ihnen wegen Untauglichkeit aus dem Trainingscamp in Pakistan geflogen waren, bereiten sich vier etwas unterbemittelte muslimische Terroristen in spe (von denen einer daran arbeitet, Krähen zu Attentätern auszubilden) in Sheffield auf einen Selbstmordanschlag vor. Diese teils bitterböse, teils alberne Satire wagt es, muslimische Extremisten lächerlich zu machen und ersetzt damit das Bild der abstrakten Bedrohung durch die Darstellung schwachsinniger, größenwahnsinniger Idioten, ähnlich wie es Charlie Chaplin in "Der große Diktator" mit Adolf Hitler gelungen war.




1. A Single Man (USA, Regie: Tom Ford)

Colin Firth glänzt in diesem an einem einzigen Tag in den Sechzigern spielenden Drama als Collegeprofessor, der den Tod seines Partners bei einem Autounfall nicht überwinden konnte und daher seinen Selbstmord plant. Der geplant letzte Tag seines Lebens entwickelt sich jedoch etwas anders als vorgesehen. Modedesigner Tom Ford inszeniert sein Regiedebüt minutiös und detailverliebt, sodass nahezu jede Einstellung ein perfektes Foto ergeben würde. Die Stilisierung wird jedoch zu keinem Zeitpunkt Selbstzweck, da sie immer als Verstärker der vorherrschenden Emotionen Melancholie und Trauer dient. Einfach großes Gefühlskino, in dem herausragende schauspielerische Leistungen und sensationelle Inszenierung ein perfektes Ganzes ergeben.



Soviel zum Kinojahr 2010. 2011 wird adlerkuss mit zahlreichen Kritiken aktuell anlaufender Filme noch deutlich mehr zum Thema bieten. Bereitet euch auf kindische Begeisterung und gnadenlose Verrisse vor.

Samstag, 8. Januar 2011

Top 10 Alben 2010: Platz 5-1

So, nachdem die Welt die letzten Tage den Atem anhielt und nur noch darüber spekuliert hatte, welche Alben bei adlerkuss wohl in den Top 5 sein mochten und welches Stück Musik schließlich den Platz an der Sonne einnehmen würde, soll die Menschheit nicht länger auf die Folter gespannt werden. Hier die Plätze 5 bis 1:

5. Sufjan Stevens: The Age of Adz (Oktober 2010)

Auf Rang 5 das neunte Album des amerikanischen Indie-Darlings,eine vage Auseinandersetzung mit Leben und Werk des abgefahrenen Künstlers und selbst ernannten Propheten Royal Robertson. Stevens' Folk-Wurzeln werden hier wieder in grenzenlosem Eklektizismus eingebettet (manche werden vielleicht sagen: ertränkt), zwischen Fiepen, Scheppern und Gefrickel bleiben aber dennoch ganz große Melodien.

Bestes Lied: Too Much (Track 2)




4. Belle & Sebastian: Write About Love (Oktober 2010)

Das achte Studioalbum der sympathischen Schotten bietet Songs voller Lieblichkeit, Ohrwurmfaktor und Gaststars: Im vielen Hörern sicherlich aus der Seele sprechenden Titelsong (Textprobe: "I hate my job, I'm working way too much, everyday I'm stuck in an office") trällert Schauspielerin Carey Mulligan höchst harmonisch und auch der anfangs eher gewöhnungsbedürftige Song mit Gastschnulzerin Norah Jones geht mit der Zeit ins Herz. Ein sonniges Wohlfühlalbum.

Bestes Lied: I Want the World to Stop (Track 4)




3. Get Well Soon: Vexations (Januar 2010)

Das zweite Album der Band um das vom englischen New Musical Express so genannten "German Wunderkind" Konstantin Gropper beschäftigt sich nach Aussage des Maestros Gropper mit dem Konzept des Stoizismus, sowie u.a. mit den Werken Senecas, Büchners und Peter Sloterdijks. Nun ja. Aber auch von der Möglichkeit zur geisteswissenschaftlichen Analyse abgesehen, bietet "Vexations" dem Hörer durch die verzweifelt düstere Grundatmosphäre, die berührenden Melodien und die opulente Instrumentierung mit Rockband plus Orchester mehr als genug für ein entrückend bedrückendes Hörvergnügen.

Bestes Lied: A Burial at Sea (Track 12)




2. Arcade Fire: The Suburbs (August 2010)

Das heiß ersehnte dritte Album der kanadischen Indiegötter, eine Auseinandersetzung mit der amerikanischen Vorstadt als Symbol von Unschuld und Heimat, konnte die wahnwitzig hohen Erwartungen tatsächlich erfüllen. Über die epische Laufzeit von 64 Minuten hinweg bietet "The Suburbs" hymnische Rockmusik zwischen R.E.M., Springsteen und Neil Young und hält dabei ein beeindruckend hohes Niveau.

Bestes Lied: Rococo (Track 4)




1. The National: High Violet (Mai 2010)

Das beste Album des Jahres ist das fünfte Studioalbum der US-amerikanischen Rockband The National. Sänger Matt Berningers Bariton packt den Hörer von der ersten Zeile des berührenden ersten Songs "Terrible Love" und diese ehrfürchtige Ergriffenheit hält sich bis zu den letzten Klängen des fast hymnischen, tröstlichen Schlussstücks mit dem schönen Titel "Vanderlyle Crybaby Geeks". Sowohl rhythmisch (dieses Schlagzeug!) als auch melodisch und nicht zuletzt lyrisch ist "High Violet" von majestätischer Grandeur und düsterer Schönheit. Meisterhaft!

Beste Songs: Bloodbuzz Ohio (Track 6) und Terrible Love (Track 1)



Donnerstag, 6. Januar 2011

Top 10 Filme 2010: Platz 10-6

Ebenso wie die Welt der Musik hielt auch das Kino im Jahr 2010 einige Schmankerl bereit. Hier der nach ausschließlich gnadenlos subjektiven Vorlieben entstandenen Bestenliste erster Teil:

10. Moon (Großbritannien, Regie: Duncan Jones)

"Moon" ist klassisch düsterer Science-Fiction und steht Hals über Kopf in der Tradition von Kubricks "2001 - Odyssee im Weltraum", samt intelligentem Computer mit angenehmer Stimme als einzigem Ansprechpartner des Protagonisten. Schauspielerisch ist Sam Rockwell als einköpfige Besatzung einer Mondstation über jeden Zweifel erhaben, für die Logik und Konsequenz des Drehbuchs gilt das leider nicht immer.




9. Ein Mann von Welt (Norwegen, Regie: Hans Petter Moland)

Skurrile Gangsterkomödie über einen Exhäftling, der zwischen ehrlicher Arbeit, zarten Romanzen und Forderungen seines früheren Gangsterbosses versucht, das Leben in Freiheit auf die Reihe zu kriegen. Der Film trifft bietet von derb bis zart alles und Stellan Skarsgård, der in Hollywood oft nur in kleineren Parts zu sehen ist, in der Hauptrolle als herzensguter Schwerenöter Ulrik ist einfach hervorragend.




8. Die kommenden Tage (Deutschland, Regie: Lars Kraume)

Die Welt zwischen 2012 und 2020: Der vierte Golfkrieg läuft, Europa ist zum Schutz vor illegalen Einwanderern zur Festung geworden. Vor diesem Hintergrund beschreibt der Film sehr ergreifend die Lebenswege zweier Schwestern zwischen Glaube an eine glückliche Zukunft und Radikalisierung in einer Art Establishment-RAF. Die Mischung aus Familiendrama und hochspannender Realo-Science-Fiction à la "Children of Men" bietet 130 Minuten toll gemachte Unterhaltung mit Nachwirkung.



7. Waffenstillstand (Deutschland, Regie: Lancelot von Naso)

Irak 2004: Zwei deutsche Reporter schließen sich zwei Helfern an, die per Transporter dringend benötigte Medikamente von Bagdad ins besetzte Falludscha bringen wollen. Der leider recht gefloppte Mix aus Roadmovie und Antikriegsfilm bietet hochspannende Unterhaltung und würdigt die oft nur im Verborgenen stattfindende selbstlose Arbeit von humanitären Helfern in Krisengebieten.




6. Shutter Island (USA, Regie: Martin Scorsese)

Der alte Regiefuchs Scorsese drehte hier eine gänsehautfördernde Hommage an die Gruselfilme der 50er Jahre, in deren Zentrum eine mysteriöse Nervenheilanstalt für psychisch gestörte Schwerbrecher auf einer nebelumwaberten Insel steht. Dorthin kommt Leonardo DiCaprio als US Marshal, der das Verschwinden einer Patientin aufklären soll, jedoch einer großen Verschwörung auf die Spur zu kommen scheint. Ein sehr spannender und visuell überaus beeindruckender Psychothriller mit Wow-Effekt.



Fortsetzung folgt!

Mittwoch, 5. Januar 2011

Top 10 Alben 2010: Platz 10-6

So, 2010 hätten wir auch wieder rum. Höchste Zeit für einen Rückblick auf die Dinge des Jahres, die wirklich wichtig waren: Songs und Filme. Sowohl die musikalischen als auch die cineastischen Highlights des zurückliegenden Jahres werden hier bei adlerkuss heute und in den nächsten Tagen nochmal in ungeheuer subjektiven Top-10-Listen vorgestellt.

Zunächst Platz 10 bis 6 auf der Liste der besten im Jahr 2010 erschienenen Alben:

10. Tocotronic: Schall & Wahn (Januar 2010)

Das Musikjahr begann mit dem neunten Studioalben der Ex-Trainingsjackenträger, das sogleich auf Platz 1 der deutschen Charts schoss. Großartig berührende Songperlen stehen neben herrlichen Albernheiten und wüstem Lärm. Das Ganze ist weniger als die Summe der einzelnen Teile und findet nur mehr selten den Weg ins Abspielgerät.

Bestes Lied: Die Folter endet nie (Track 3)



9. Rufus Wainwright: All Days Are Nights: Songs for Lulu (März 2010)

Nachdem er sowohl eine eher gefloppte Oper geschrieben als auch viel umjubelt seiner Judy-Garland-Verehrung mit Auftritten, Doppelalbum, DVD und Livealbum Ausdruck verliehen hatte, erschien vergangenes Jahr Wainwrights sechstes reguläres Studioalbum, das eine Abkehr vom pompös-bombastisch-orchestralen Sound der Vorgänger darstellte. 12 Lieder (und das nahezu durchaus im Schubertschen Sinn des Wortes) lang gibt es nur Rufus' intensive Stimme und Klavier zu hören. Das hat gerade in der ersten Hälfte des Albums sowohl bei den beschwingteren ("Give Me What I Want and Give It to Me Now") als auch bei den getrageneren Stücken ("Martha") durchaus seinen besonderen Reiz, gerät jedoch teilweise gegen Ende leider sehr larmoyant und etwas dröge.

Bestes Lied: Martha (Track 3)




8. Wir sind Helden: Bring mich nach Hause (August 2010)

Vor den Aufnahmen für dieses vierte Album gönnten sich Judith Holofernes und Co. erstmal eine längere Pause, herausgekommen ist schließlich die wohl beste und durchgehend stimmigste Platte der Band, deren Sound erwachsener und nachdenklicher daher kommt und die Abkehr von Kieks und Synthiesound ist durchaus wohltuend. Lyrisch wird es tendenziell persönlich und zwischenmenschlich, wobei der typisch heldenhaft-originelle Umgang mit der deutschen Sprache bestehen bleibt. Eine sehr positive Überraschung in diesem Musikjahr.

Bestes Lied: Die Ballade von Wolfgang und Brigitte (Track 5)




7. Warpaint: The Fool (Oktober 2010)

Ein von vorn bis hinten eindrucksvolles Gesamtkunstwerk von Debütalbum legte die amerikanische Band Warpaint hin. Die düstere Postrock-Liedersammlung mit dem sirenenhaft verzaubernden, mehrstimmigen Frauengesang bildete den wohl perfekten Soundtrack für den Herbst. Wie brachte ein wahrer Musikkenner den Sound von Warpaint so genau auf den Punkt: Das Album klingt wie eine gute Mischung aus Echo & The Bunnymen und The Bangles. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Bestes Lied: Warpaint (Track 2)



6. Midlake: The Courage of Others (Februar 2010)

Die texanischen Indie-Rocker von Midlake klingen auf ihrem dritten Album wie britische Folk-Rocker aus den 60er Jahren und das ist gut so. Der warme und beseelte Sound, der durch Instrumentierung mit Querflöte und Cembalo, sowie Arrangement auch hin und wieder barocke oder gar mittelalterliche (in gut!) Assoziationen weckt, entwickelt mit seinen träumerischen Harmoniegesängen und großen Melodiebögen einen enormen emotionalen Zauber. Ein Album, das zeitlos schön bleiben wird und das auch die Top 5 nur ganz knapp verpasst hat...

Bestes Lied: Acts of Man (Track 1)



Fortsetzung folgt!