Montag, 21. Februar 2011

adlerkuss im Kino: 127 Hours

Aron Ralston (James Franco) ist ein hedonistischer Outdoor-Freak, der im Canyonland National Park alleine und auf eigene Faust zu einem Radel-Wander-Kletter-Trip aufbricht. Ein Fehler, den nur kurz nachdem er noch mit weiblichen Zufallsbekanntschaften geplanscht und geflirtet hatte, rutscht er in einer Felsspalte auf einem sich lösenden Gesteinsbrocken aus, der unglücklich seinen Arm einklemmt. Ralston steckt titelgebende 127 Stunden lang fest, bevor er sich befreit, indem er sich mit einem stumpfen Taschenmesser selbst den Arm abtrennt.

Autsch. Regisseur Danny Boyle hat sich nach seinem Oscar-Abräumer "Slumdog Millionaire" für sein nächstes Projekt mit der wahren Geschichte des verunfallten Extremsportlers keinen leichten Stoff ausgesucht. Inszenatorisch geht Boyle denn auch von Anfang an in die Vollen und zeigt Ralstons Ausflug im Split-Screen, mit großartigen Naturaufnahmen einer scheinbar schwerelosen Kamera und untermalt von hypnotischer Musik. Wenn der Felsbrocken mal gefallen und Ralston zur Introspektive gezwungen ist, nimmt sich die Inszenierung dann etwas zurück und lässt James Franco Raum für eine gelungene schauspielerische One-Man-Show. Nur dramaturgisch wird der Film in dieser Phase ebenso wie zunehmend schwächer wie sein Hauptcharakter und flüchtet sich in die Darstellung von Tagträumen um die Routine des mehrfach wiederkehrenden Kreislaufs aus Durst, Befreiungsversuch und "Mist, der Arm steckt immer noch fest" zu durchbrechen. Die Selbstamputationsszene schließlich wirkt in ihrer gnadenlosen Explizität gerade im Vergleich zur vorangegangenen meditativen Ereignislosigkeit überzogen voyeuristisch und geht im wahrsten Sinne des Wortes doch sehr unter die Haut.

"127 Hours" ist beileibe kein schlechter Film und brilliert mit seinen Landschaftsaufnahmen und James Francos intensiver darstellerischer Leistung. Gleichzeitig ist er aber auch dramaturgisch etwas unausgegoren, zwischendurch sogar recht langweilig und schockiert letztlich durch den Realo-Splatter-Moment mehr, als es ihm in seiner restlichen Laufzeit jemals gelingt, den Zuschauer emotional zu berühren.

Deutscher Kinostart: 17.02.
Wertung: 3,5 von 5 Adlern.



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