Sonntag, 24. April 2011

Neues aus dem Adlerhorst / Plattenkritik "The Irrepressibles: Mirror Mirror"

Zuwachs bei adlerkuss: Es ist mir eine exorbitante Freude, der ebenso treuen wie überschaubaren Leserschaft von adlerkuss mitteilen zu dürfen, dass bei adlerkuss künftig zwei Autoren tätig sein werden. Neu im Adlerhorst ist Dojos, ein guter Mann voller Stil- und Geschmackssicherheit in allen Belangen (wenn man von der hoffnungslos sozialromantischen Unterstützung von 1860 München mal absieht).

Dojos trug schon vorletzte Woche zwei von fünf TV-Tipps bei (wer sie errät, darf sie behalten) und beschäftigt sich in seinem ersten eigenen Beitrag mit einem von mir im vergangenen Jahr tragischerweise völlig übersehenen Album:

The Irrepressibles: Mirror, Mirror

Ist es ein unglücklich verliebter Marc Almond? Ist es Morten Harket, nachdem ihm Amanda Palmer LSD ins Getränk geschüttet und ihm eingeredet hat, er sei Björk? Ist das gute Musik? Das waren nur einige der Fragen die mir beim erstmaligen Hören des Albums "Mirror, Mirror" durch den Kopf gingen. Welch kuriose Vergleiche man auch anstellen mag, die "Irrepressibles" bleiben bei ihrem Debüt auf eigenwillige Weise ungreifbar. Ein spendierfreudiger Pathos ist die große Konstante, die sich durch alle 12 Tracks zieht. Fast schon cineastisch muten die opulent arrangierten Streicher- und Klaviereinsätze an. Die akustische Gitarre, die oft einsam mit der pompösen Wucht der sonstigen Orchestrierung bricht, wird dabei dank der Wandlungsfähigkeit von Jamie McDermotts Stimme zum gleichwertigen Stilmittel. 45 grelle Minuten lang irrlichtert das Album zwischen Kabarett und Operette, zwischen Liedermachertum und Filmmusik, ohne sich je vollständig zu bekennen. Ein mal raserisch schriller, dann sanftmütig hauchender McDermott entlockt "Mirror, Mirror" die maskeradehaften Gesten, die die Scheibe spannend machen bis zum letzten Track, der dann programmatisch, und doch ein bisschen vorhersehbar, noch einmal alle Pathos-Grenzen sprengt. Was danach bleibt, sagt eine Zeile aus ebenjenem "In this Shirt" sehr treffend: "I am lost in a rainbow, now a rainbow is gone.

Samstag, 23. April 2011

Ich glotz' TV: 5 Empfehlungen für das Fernsehprogramm von Sa. 23.04. bis Fr 29.04.

Samstag 23.04. ARD 16.15 Uhr
Der Hauptmann von Köpenick

Die berühmte Geschichte des Schusters Wilhelm Voigt, der mithilfe der ihm durch eine Hauptmannsuniform und eine gehörige Portion Dreistigkeit verliehenen Autorität das Köpenicker Rathaus besetzt und die Kasse beschlagnahmt, inspirierte Carl Zuckmayer zu seinem Theaterstück, auf dem wiederum dieser Film aus dem Jahr 1956 beruht. Heinz Rühmann glänzt in seinem schauspielerisch wohl größten Auftritt als tragikomischer Titelheld, der sich mit Menschlichkeit und Witz den Widrigkeiten der Bürokratie entgegen stellt. Zehn Millionen Bundesbürger pilgerten seinerzeit ins Kino und eine Oscar-Nominierung für den besten ausländischen Film gab es auch.

Sonntag 24.04. arte 20.15 Uhr
Muriels Hochzeit

Muriel, eine unbeliebte und leicht übergewichtigte, von Familie und Schul"freunden" belächelte hoffnungslose Romantikerin, flüchtet mit Papas Geld nach Sydney und beginnt ein neues Leben. Sogar die Traumhochzeit scheint Realität zu werden, da Schwimmer David aus Einbürgerungsgründen dringend heiraten möchte. Bald muss Muriel sich jedoch eingestehen, dass sie der Wahrheit ins Auge sehen muss... Der sehr erfrischende australische Indiekinohit aus dem Jahr 1995 schwankt zwischen Sozialdrama und Komödie und ist überaus sehenswert.




Montag 25.04. ZDF 9.40 Uhr
Pippi in Taka-Tuka-Land

Pippi Langstrumpf und ihre Freunde Tommy und Annika erhalten per Flaschenpost einen Hilferuf von Pippis Papa, der von Piraten gefangen gehalten wird. Natürlich machen sich die drei sofort auf in die Südsee um eine Rettungsaktion zu starten. Der klassisch schöne Kinderfilm aus dem Jahr 1969 bietet die ideale Unterhaltung zum Ostermontagsfrühstück.




Dienstag 26.04. arte 20.15 Uhr
Tschernobyl Forever

Auf den Tag genau 25 Jahre nach der verheerenden Atomreaktorkatastrophe von Tschernobyl rekapituliert die Dokumentation noch einmal die damaligen Ereignisse und vermittelt anhand von Gesprächen mit Durchschnittsbürgern und Experten einen EIndruck von der aktuellen Lage in den drei von Strahlung aus Tschernobyl am meisten betroffenen Staaten Weißrussland, Norwegen und Griechenland.


Freitag 29.04. ARD 9.00 Uhr
Küss mich, Kate!

Was sind schon Tagespolitik und persönliche Sorgen gegen märchenhaft-romantischen, royalen Eskapismus? Nichts! Und genau aus diesem Grund werden für die Hochzeit von Herrn Prinz William Arthur Philip Louis Mountbatten-Windsor, seines Zeichens Nummer 2 in der britischen Thronfolge und seiner bürgerlichen Verlobten Kate Middleton auch weltweit ca. 2,5 Millarden Fernsehzuschauer erwartet. Die Trauungszeremonie an sich wird zwischen 12 Uhr und 13.15 Uhr MEZ in Westminster Abbey vonstattengehen und wer mit dem Cole-Porter-Zitat als Titel der ARD-Übertragung unzufrieden ist, kann die königliche Hochzeit dank medialem Overkill zeitgleich ebenso live auch im ZDF, bei RTL, in Sat 1, bei ntv oder bei N24 verfolgen. Na denn, rule Britannia!

Sonntag, 17. April 2011

Alles Gute! adlerkuss gratuliert Bill Ramsey zum 80. Geburtstag!

Der am 17. April 1931 in Cincinnati, Ohio als William McGreery Ramsey geborene Jazz- und Schlagersänger kam als Mitglied der US Air Force nach Deutschland und feierte hier vor allem Ende der Fünfziger und Anfang der Sechziger Jahre mit rockig und jazzig angehauchten Schlagern, die so schöne Titel trugen wie "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett" und "Die Zuckerpuppe aus der Bauchtanzgruppe" große Hitparadenerfolge. Noch heute ist Ramsey als Swing-Interpret populär und zum runden Geburtstag ist gar eine 4-CD-Retrospektive namens "Ramsey Swings!" erschienen.

adlerkuss feiert Ramsey jedoch mit einem Duett mit dem legendären Peter Alexander aus dem Jahr 1964, in dem gesungen, gegroovt und getanzt wird, dass es eine wahre Freude ist:

Samstag, 16. April 2011

adlerkuss im Kino: Winnie Puuh

Viel ist los im Hundertmorgenwald: Esel I-Ah ist sein Schweif abhanden gekommen, Winnie Puh plagt ein im wahrsten Sinne des Wortes Bärenhunger nach Honig und zu allem Überfluss scheint Christopher Robin von einem Monster entführt worden zu sein. Natürlich planen Puh, I-Ah, Ferkel, Tigger, Rabbit, Eule, Känga und Ruh sogleich eine Befreiungsaktion...

Der neue, herrlich altmodische Zeichentrickfilm aus dem Hause Disney besinnt sich gleich im doppelten Sinne auf die Ursprünge Winnie Puuhs. Die liebevoll handgemachte Animation lehnt sich mit ihrer einfachen Strichführung und dem deutlichen Bekenntnis zur Zweidimensionalität ganz stark an die klassischen Disney-Winnie-Puuh-Kurzfilme aus den 1960er Jahren an. Außerdem hält sich der neue "Winnie Puuh" auch erfreulich eng an die originale Buchvorlage aus dem Jahr 1926. Neben der Verwendung einiger der Handlungsstränge aus dem Buch geht dies auch soweit, dass die herzigen Protagonisten tatsächlich über die Seiten wandern, Winnie Puuh durch Drehen des Buches aus dem Bett geholt wird und die Buchstaben das eine oder andere Mal durcheinander geraten.

"Winnie Puuh" ist mit einer Gesamtlaufzeit von ziemlich genau einer Stunde kurz und knackig gehaltene, herzerwärmend nostalgische, zärtliche und durchaus witzige Unterhaltung für kleine Kids oder einfach junggebliebene Fans des Bären "von sehr geringem Verstand" und Änhänger von klassischer Animation. Schön!

Wertung: 4 von 5 Adlern.






Donnerstag, 14. April 2011

adlerkuss im Kino: The Fighter

Mickey (Mark Wahlberg) kämpft mehr schlecht als recht um eine Karriere als Boxer, mehr gehindert als unterstützt von seinem drogensüchtigen Bruder und Trainer Dickie (Christian Bale), sowie von seiner hysterischen Mutter und Managerin (Melissa Leo). Mickeys neue Freundin Charlene (Amy Adams) ermutigt ihn, seinen eigenen Weg zu gehen und als Dickie schließlich im Gefängnis landet, emanzipiert sich Mickey zu deren Unmut tatsächlich von seiner Familie und landet erste Erfolge. Doch einige Zeit vor dem größten Kampf in Mickeys Karriere wird Dickie aus dem Gefängnis entlassen und brennt darauf, seinen kleinen Bruder zu unterstützen...

David O'Russell inszeniert die wahre Geschichte des Boxers Mickey Ward gerade in der ersten Hälfte des Films als authentische, hochinteressante Milieustudie der weißen Arbeiterklasse und kann dafür auf hochkarätige darstellerische Leistungen zurückgreifen. Besonders Christian Bale als der hochgradig dynamische, aber gleichzeitig äußerst labile Dickie und Melissa Leo, die mit enormer Power die White-Trash-Variante des Matriarchats vorführt sind ein wahrer Genuss. Etwas schade, dass Mark Wahlberg in der etwas glatten und brav gezeichneten Hauptrolle da nicht ganz mithalten kann und es zwischen ihm und Amy Adams an der gewissen Chemie mangelt, sodass diese Beziehung wenig glaubhaft und nie wirklich berührend ist.

Im weiteren Verlauf geht "The Boxer" leider zunehmend den altbekannten Weg des konservativen Sportdramas vom Außenseiter zum großen Showdown im Ring und von schmissiger Musik unterlegte Trainingsmontagen von Boxern in grauen Jogginganzügen sollten von Stallones Rocky-Reihe eigentlich urheberrechtlich geschützt sein, da sie überall anders – wie auch hier – den faden Beigeschmack des Abklatsches kaum vermeiden können. "The Boxer" ist ein guter, aber kein hervorragender Film, dessen Stärke die Darstellung der Familienverflechtungen der Wards ist, der im Vergleich mit legendären Boxerfilmen wie "Rocky" oder "Wie ein wilder Stier" allerdings technisch k.o. geht.

Deutscher Kinostart: 07.04.

Wertung: 3,5 von 5 Adlern.







Samstag, 9. April 2011

Ich glotz' TV: 5 Empfehlungen für das Fernsehprogramm von Sa. 09.04. bis Fr 15.04.

Samstag 09.04. BR 22.15 Uhr
Eine einfache Geschichte

Marie ist Ende 30 und schwanger. Da sie aber nicht an eine Zukunft mit ihrem Partner Serge glaubt, lässt sie das Kind abtreiben, trennt sich von Serge un
d findet Trost und Halt bei ihrem Ex-Mann Georges. Unspektakulär, aber lebensnah und sehr spannend erzählt Starregisseur Claude Sautet in diesem Drama aus dem Jahr 1978 die Geschichte einer modernen und selbstbewussten Frau. In der Hauptrolle glänzt einmal mehr die unwiderstehliche Romy Schneider.


Sonntag 10.04. Das Vierte 20.15 Uhr
Nachts, wenn Dracula erwacht

Rechtsanwalt Harker kann, nachdem er den Fehler begangen hat, mit Graf Dracula persönlich über Immobilienanlagen sprechen zu wollen, gerade noch so in die Privatklinik von Prof. Van Helsing fliehen. Doch Dracula ist bereits in der Nähe und hat es auf Harkers Verlobte Mina und deren Freundin Lucy abgesehen... Der legendäre spanische Horrorregisseur Jess Franco (u.a. "Der Todeskuss des Dr. Fu-Man-Chu" und "Jungfrau unter Kannibalen") liefert hier eine weitgehend werkgetreue Verfilmung des Dracula-Romans von Bram Stoker. Neben Christopher Lee in der Titelrolle ist auch Klaus Kinski als irrer Insasse in Van Helsings Klinik zu sehen. Wie es im Trailer schon so schön heißt: "Ein herrlicher Gruselschocker erwartet Sie!"




Montag 11.04. HR 01.10 Uhr
Bye Bye Berlusconi

„Das ist doch der Psycho aus Muxmäuschenstill“, werden einige vielleicht sagen, und Jan Henrik Stahlberg damit meinen. In gewohnt anarchisch, sarkastischer Manier nähert sich der Filmemacher diesmal einem sehr streitbaren Zeitgenossen: Silvio Berlusconi. Aus seiner charakteristischen Guerillaperspektive, simuliert Stahlberg einen, überwiegend mit der Handkamera aufgezeichneten, Entführungsversuch des italienischen Ministerpräsidenten. Für dieses pikante Projekt engagierte der Regisseur niemand geringeren als Maurizio Antonini, der sich bereits im Vorfeld stilecht und werbewirksam als Berlusconi-Double in der Öffentlichkeit präsentierte, und auch im Film, für viele traurigerweise, den echten Berlusconi ersetzte. Prädikat: Wertvoll.


Mittwoch 13.04. ARD 23.30 Uhr
Papa ist im Krieg

Ungefähr 5000 deutsche Soldaten sind derzeit im Einsatz in Afghanistan, viele von ihnen Ehemänner und Väter. Die sensible und erhellende Reportage von Rita Knobel-Ulrich ermöglicht einen Einblick in das emotional belastende Leben von Soldaten, die ihre Familie für den Einsatz am Hindukusch verlassen müssen und die für die Zurückgelassenen nicht weniger schwierige Zeit des Wartens, Hoffens und Bangens.


Freitag 15.04. BR 13.30 Uhr
"Die Hand Gottes" - Emir Kusturica trifft Diego Maradona

Denkmale für Diego Maradona gibt’s ja viele. Anekdoten noch mehr, und weil das alles so schön dramatisch zu verwursteln ist, trug Emir Kosturica auch noch das seine zur Mythenbildung bei. Ein Porträt über die Hand, und vielleicht auch über den Fuß Gottes, über Rebellion, gesellschaftliche Missstände und natürlich über Geistesblitze am runden Leder. Enfant Terrible Kosturica verneigt sich mit popkulturellen Hakentricks vor dem großen Sportler, Kokser und Menschenfreund Diego Maradona. Sehenswert.