Dienstag, 31. Mai 2011

Musikalischer Rundumschlag: Neues von Coldplay, Pulp sind zurück & "Neil Young" covert Miley Cyrus

Coldplay haben auf ihrer Website für den kommenden Freitag einen ersten neuen Song als Vorbote ihres später in diesem Jahr erscheindenden, fünften Studioalbum angekündigt. Das neue Lied wird "Every Teardrop Is a Rainfall" heißen und die dazugehörige Coverkunst ist selten ekelhaft, hässlich und geschmacklos. Sollte das Album optisch ähnlich verstörend ausfallen, gibt es wohl tatsächlich noch einen Herausforderer von Lady Gagas "Born This Way" im Rennen um das hässlichste Albumcover des Jahres. Ebenfalls auf der Website nachzulesen ist der Text zu "Every Teardrop Is a Rainfall". Die vier Jungs standen ja noch nie in Verdacht große Lyriker zu sein, daher als kleine Kostprobe nur folgender, sehr hübscher Vers: "IT WAS A WA WA WA WA WA-ATERFALL". Bei soviel Vorabanlass zum Stirnrunzeln, kann das Lied eigentlich nur noch hervorragend werden.

Pulp, die legendären Britpop-Heroen um Jarvis Cocker, sind dieses Jahr ja nun auch dem allgemeinen Trend zur Wiedervereinigung erlegen und spielen erstmals seit 2002 wieder zusammen auf diversen Festivals. Als kleine Generalprobe vor dem ersten Auftritt beim Primavera letztes Wochenende gab es ein erstes Konzert in Toulouse, von dem sehr hübsches Bildmaterial existiert. Die Band klingt grandios und Jarvis scheint exaltiert wie eh und je, herrlich:



US-Late-Night-Moderator Jimmy Fallons beachtliche Künste als Neil-Young-Imitator wurden auf diesen Seiten bereits einmal gewürdigt. Vergangene Woche unterstützen die Veteranen Stephen Stills und Graham Nash "Neil Young" nun bei seiner Coverversion von Miley Cyrus "Party in the USA", seines Zeichens ein ganz besonders belangloses Autotune-Verbrechen von einem Popsong. Sicher klang die Zeile "and a Jay-Z song was on" nie erhabener als hier bei Stills, Nash & "Young":

Samstag, 28. Mai 2011

adlerkuss im Kino: Wer ist Hanna?

Hanna (hinreißend: Saoirse Ronan) wächst mit ihrem Papa Erik (Eric Bana) völlig isoliert von der Außenwelt in der finnischen Einöde auf. Ihr Vater, ein ehemaliger CIA-Agent – liest ihr aus dem Lexikon vor und lehrt sie ansonsten die notwendigen Dinge des Lebens: Vielerlei Fremdsprachen und absolute Perfektion als Killerin. Als Hanna beschließt, dass sie "bereit" ist, beginnt eine abenteuerliche Hetzjagd durch Marokko und halb Europa, bevor Hanna in Berlin schließlich Marissa Wiegler (lustvoll böse: Cate Blanchett) der skrupellosen Geheimdienstlerin, die für den Tod von Hannas Mutter verantwortlich ist, gegenüber steht...

Was zunächst anmutet, wie eine weibliche Teenieversion von Jason Bourne (Nahkampfkönner erforscht die eigene Vergangenheit und endet in Berlin), ist vielmehr eine etwas krude Mixtur aus Coming-of-Age-Geschichte und Actionthriller mit märchenhaften Zügen: Hanna verlässt die Hütte im Wald um die finstere Welt da draußen zu entdecken und muss am Ende (nicht zufällig in einem Brüder-Grimm-Park in Berlin) den Kampf mit der bösen Hexe Marissa Wiegler überstehen. So interessant dieser Genrecocktail auch sein mag, geht das Rezept am Ende womöglich nur bedingt auf: Actionfans werden sich eventuell langweilen, wenn Hanna in einer langen Szene zu Flamencomusik am Lagerfeuer die ersten Anflüge von Teenagerromantik entdeckt und Arthauskinogänger werden von Hannas Entwicklung nur schwerlich über die mit unglaubwürdigen und unlogischen Stellen gespickte, esspapierdünne Story hinweg getröstet.

"Wer ist Hanna?" bleibt dennoch ein origineller und tendenziell sehenswerter Film, dank der atemberaubenden schauspielerischen Leistung von Saoirse Ronan, dem treibenden Soundtrack der Chemical Brothers und der beeindruckenden visuellen Inszenierung, die jenseits von Bournescher Hektik sowohl Kampfszenen, als auch berührende Momente und märchenhafte Sequenzen ins rechte Licht zu setzen weiß.

Deutscher Kinostart: 26.05.

Wertung: 3 von 5 Adlern.






Dienstag, 24. Mai 2011

Zwei neue Songs von Arcade Fire!

Arcade Fire's Album "The Suburbs", das hier bei adlerkuss immerhin zum zweitbesten des Vorjahres gekürt wurde, erscheint am 24. Juni in einer Deluxe-Version, die außer einer längeren Version von "Wasted Hours (A Life That We Can Live)" und des halbstündigen Kurzfilms "Scenes from the Suburbs" von Spike Jonze auch zwei neue Lieder enthalten wird: "Culture War" und "Speaking In Tongues", letzteres mit Gastgesang von Talking Head David Byrne. Beide Songs gibt es (wie es sich gehört) nach ihrer gestrigen Radiopremiere heute im Netz zu hören und beide können es mit den aberwitzig guten regulären Albumtracks nahezu aufnehmen.

Arcade Fire - Culture War by MergeRecords

Arcade Fire - Speaking in Tongues (feat. David Byrne) by MergeRecords

Hier auch noch der durchaus interessant wirkende Trailer zu "Scenes From the Suburbs":



Na dann mal her mit den Luxus-Vororten!

Samstag, 21. Mai 2011

adlerkuss im Kino: Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten

Nachdem ein London-Aufenthalt anders lief als geplant, findet sich Jack Sparrow (Johnny Depp) zusammen mit seiner Ex-Flamme Angelica (Penélope Cruz) an Bord des Schiffes von Blackbeard (Ian McShane), dem Piraten, den auch die Piraten fürchten, wieder. Ziel der Reise ist die Quelle der ewigen Jugend, da Blackbeard aufgrund einer Prophezeiung um sein Leben fürchtet. Dasselbe Ziel haben jedoch auch ein Schiff der spanischen und eines der englischen Krone, letzteres unter der Führung von Jacks altem Bekannten Captain Barbossa (Geoffrey Rush)...

Johnny Depps großartige Darstellung des Piraten als geschminktes, nuschelndes, affektiertes Schlitzohr machte Jack Sparrow zu einer Ikone der Filmgeschichte und nebenbei spielte die Trilogie weltweit 2,6 Millarden Dollar an den Kinokasse ein – kein Wunder also, dass die Piratenbande ein viertes Mal in See sticht. Regisseur Gore Verbinski ist allerdings ebenso wenig mit von der (Boots)-Partie wie Orlando Bloom und Keira Knightley, deren (zunehmend verwirrender) Handlungsbogen ja im letzten Film endete.

Und genau dieser Neustart gibt "Fremde Gezeiten" auch eine ordentliche Portion frischen Wind hinter die Segel. Munter, flott, unterhaltsam und mit prächtiger optischer Ausstattung inszeniert ist der Film durchaus hochklassiges Popcorn-Abenteuer-Kino und übertrifft seine beiden Vorgängerfilme, die erzählerischen Schiffbruch erlitten hatten, um mehrere Bootslängen. Neben dem diesmal ganz im Zentrum des Geschehens stehenden Johnny Depp überzeugen auch Penélope Cruz als (was sonst?) temperamentvoll-rassige Angelica und vor allem Geoffrey Rush, dem man anmerkt, wie viel Vergnügen ihm seine Figur Barbossa bereitet.

Kleinere Flauten gibt es zwar innerhalb der etwas zu langen 130 Minuten Laufzeit, jedoch werden wir vor nicht enden wollenden Seeschlachten verschont und wirklich störend ist nur die völlig unnötige Romanze enorm blasser Nebenfiguren, die wohl den fehlenden Will-Elizabeth-Schmachtfaktor wettmachen hätte sollen. Dafür, dass es sich hier um den vierten Teil einer Filmreihe handelt, die eigentlich nur auf einer Rummelplatzattraktion aus den Disney-Parks basiert, bietet "Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten" wirklich sehr ansehnliche und spaßige Kinounterhaltung. Und es ist kein Ende in Sicht: Das Drehbuch für Teil 5 steht wohl bereits. In diesem Sinne: Yo, yo, yo – und 'ne Buddel voll Rum!

Deutscher Kinostart: 17.05.

Wertung: 3,5 von 5 Adlern.







Mittwoch, 18. Mai 2011

Gone, but not forgotten: Gustav Mahler starb heute vor 100 Jahren

Der am 7. Juli 1860 geborene Gustav Mahler reformierte als Hofkapellmeister die Wiener Oper und akzentuierte in seinen Inszenierungen erstmals den schauspielerischen Part des Operngeschehens. Heute weit mehr als zu Lebzeiten ist Mahler über die Arbeit als Dirigent hinaus natürlich als spätromantischer Komponist bekannt, der sowohl Kunstlieder als auch Sinfonien schrieb, die einerseits in der Tradition von Wagner oder Brahms stehen, andererseits aber auch schon moderne Züge tragen. Noch mehr Namedropping lässt sich mit folgender Info betreiben: Nachdem seine Frau eine Affäre mit dem später als Bauhausarchitekten berühmten Walter Gropius gehabt hatte, ließ sich Mahler von keinem geringeren als Sigmund Freund analysieren. Gustav Mahler starb am 18. Mai 1911 mit erst 40 Jahren an einer bakteriellen Herzerkrankung.

Als kleiner Einblick in sein Schaffen hier der dritte Satz von Mahlers 1. Sinfonie, in dem "Feierlich und gemessen, ohne zu schleppen" neben dem bekannten Kanon "Bruder Jakob" in einer bedrückenden Moll-Version auch Anklänge aus dem Klezmer und Verarbeitungen von Mahlers eigenen Liedkompositionen zu finden sind. Zehn äußerst faszinierende und berührende Minuten Musik, hier in einer Einspielung der Wiener Philharmoniker unter Dirigent Leonard Bernstein aus dem Jahr 1975.

Samstag, 14. Mai 2011

Eurovision Song Contest 2011: Trinkspiel und Wertungstafel

In 2 Stunden beginnt das TV-Highlight des Jahres, höchste Zeit für letzte Vorbereitungen für den 56. Eurovision Song Contest in Düsseldorf:

adlerkuss bietet zum Download über Mediafire sowohl eine Wertungstafel für die Stimmabgabe der heimischen Sofa-Jury, als auch feuchtfröhliche Regeln für ein Eurovision Song Contest Trinkspiel. Viel Spaß allen heute Abend!

Außerdem gibt es ebenfalls zum kostenlosen Download einen sehr schönen Remix des meiner Meinung nach höchstwahrscheinlichen Siegertitels des heutigen Abends: Der Song "Lipstick" der ir(r)ischen Zwillinge Jedward in der Mixversion von Trophy Boyfriend.

LIPSTICK - Trophy Boyfriend vs Jedward by Trophy Boyfriend

Und zu guter Letzt hier noch ein sehr unterhaltsames Video mit lustigen Momenten aus der langen Geschichte der Länderwertung, das nebenbei auch noch schön illustriert, wie sich die Dinge in über 50 Jahren doch verändern:

Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 1. ABBA - Waterloo

1973 traten vier Musiker unter dem nicht besonders originellen Namen Björn & Benny, Agnetha & Anni-Frid mit dem Song "Ring Ring" beim Melodifestivalen, der schwedischen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest, an und wurden Dritter. Beim zweiten, erfolgreicheren Versuch im Jahr darauf hieß der Song "Waterloo" und der Name der Gruppe war ABBA.

Das schwungvolle, ungeheuer eingängige Lied im Stile einer Lightversion von Glam Rock, vergleicht sehr effektiv und dramatisch Weltgeschichte und das private Schicksal eines Beziehungsendes: "At Waterloo Napoleon did surrender and I have met my destiny in quite a similar way". Nicht nur der Song stach aus dem sonst recht braven Schlager-Chanson-Einerlei beim ESC heraus, auch ABBAs Bühnenkostüme setzten neue Maßstäbe. Björns sternenförmige Gitarre, die glitzernden Klamotten und die monströsen Plateaustiefel wurden zu popkulturellen Ikonen. Auch die Länderjurys waren von Auftritt und Lied angetan und machten ABBA zum deutlichen Sieger des Abends. Für die Band war der Sieg der Startschuss zu einer beispiellosen Weltkarriere und auch heute, nach 400 Millionen verkauften Tonträgern und knapp dreißig Jahre nach dem Ende von ABBA, kann jeder die Melodien ihrer großen Hits wie "Mamma Mia" oder "Dancing Queen" zumindest mitsummen. Doch begonnen hat für ABBA alles 1974 mit Startnummer 8 beim 19. Eurovision Song Contest in Brighton.

Der beste, schönste und legendärste Auftritt in 56 Jahren Eurovision Song Contest:

Freitag, 13. Mai 2011

Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 2. Udo Jürgens – Merci Chérie

Der als Udo Jürgen Bockelmann geborene österreichische Songwriter und Sänger Udo Jürgens hatte bereits einen Welthit für Shirley Bassey geschrieben, als er 1963 und 1965 sein Land beim Eurovision Song Contest vertrat und die respektablen Plätze 6 und 4 erreichte. Das Sprichwort "Aller guten Dinge sind drei" kennt man auch in Kärnten und so war Jürgens 1966 beim Wettbewerb in Luxemburg wieder dabei und errang diesmal tatsächlich den bis heute einzigen Sieg für Österreich.

Seine anrührende Chanson-Ballade "Merci Chérie" beschreibt, wie der Sänger sich bei seiner Expartnerin bedankt, sowie sie bittet, positiv in die Zukunft zu blicken und mündet – von anschwellendem Orchesterklang und wildem Geklimper getragen – in den sehr wahren Refrainzeilen "Schau nach vorn, nie zurück, zwingen kann man kein Glück...." Hach.

Für Udo Jürgens war spätestens der Sieg beim ESC der Startschuss zu einer der erfolgreichsten Karrieren in der deutschsprachigen Unterhaltungsmusik überhaupt, mit bis heute über 100 Millionen verkauften Platten, nach wie vor ausverkauften Tourneen und Welthits (im deutschsprachigen Raum) wie "Aber bitte mit Sahne" und "Griechischer Wein". Merci, Udo.

Mittwoch, 11. Mai 2011

Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 3. Lordi – Hard Rock Hallelujah

Finnland war seit Anfang der Sechziger Jahre nahezu durchgehend beim Eurovision Song Contest vertreten und obwohl das suomische Selbstverständnis der eigenen Nation enormen Sinn für Poesie und Musikalität unterstellt, hat es mit dem Erfolg beim ESC nie so ganz klappen wollen, sodass bis 2005 bei 39 Teilnahmen als bestes Abschneiden ein sechster Platz zu Buche stand, neunmal war man gar Letzter geworden. Es war also wahrlich eine monströse Aufgabe, Finnlands Bilanz aufzupolieren und konsequenterweise schickte man 2006 also auch die aus vier Monstern bestehende Hardrock-Band Lordi zum Eurovision Song Contest nach Athen. Die Nominierung einer kostümierten Metal-Formation sorgte allerdings im Vorfeld für landesweite Entrüstung, sodass es sogar verzweifelte und erfolglose Aufrufe an den Präsidenten gegeben hatte, damit dieser Kraft seines Amtes Lordi vom Song Contest verbannen möge.

Beim Wettbewerb legten die wilden Kreaturen um das auf 40 Zentimeter hohen Plateauschuhen rockende Frontmonster mit der schlechten Gesichtshaut, der riesigen Axt und den eindrucksvollen aufklappbaren (!) Fledermausflügeln dann schließlich einen unvergesslichen Auftritt hin, wie ihn der Wettbewerb noch nie gesehen hatte. Auch musikalisch war der Stampfer mit dem programmatischen Titel "Hard Rock Hallelujah", der schwer an Kiss und Alice Cooper erinnerte, ein headbangendes Vergnügen, das sofort ins Ohr ging, sodass das Gesamtpaket Lordi schließlich mit Rekordpunktezahl den Sieg holte. Und das stolze Heimatland ließ sich nicht lumpen: Zum Empfang nach dem Sieg versammelten sich 70000 Leute in Helsinki, der zentrale Platz in Lordis Heimatstadt Rovaniemi wurde in Lordi Square umbenannt und 2007 schließlich zierten Lordi offizielle Briefmarken des Landes. Hard! Rock! Hallelujah!

Dienstag, 10. Mai 2011

Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 4. France Gall - Poupée de cire, poupée de son

1965 vertrat die erst siebzehnjährige Französin France Gall, die in ihrer Heimat bereits als Kinderstar Erfolge gefeiert hatte, das kleine Ländchen Luxemburg beim Eurovision Song Contest in Neapel. Verfasst wurde "Poupée de cire, poupée de son" von dem bis dahin noch weitgehend unbekannten Serge Gainsbourg. Schmissig galoppiert der Song im damals angesagten und heute zeitlosen Beat der Sechziger Jahre durch seine nur gut zwei Minuten Laufzeit und wurde sowohl dank des zeitgenössischen Klangs und seine eingängige Melodie, als auch dank France Galls jugendlich-naiven Charmes die erste Nicht-Ballade, die je den Sieg beim Eurovision Song Contest erreichen konnte. Nur zwei Jahre später holte mit Sandie Shaws "Puppet on a String" ein weiterer Song den Titel, in dessen Text sich die Ich-Erzählerin als Puppe stilisiert. Was sagt das nur über Europas Psyche?

Die Zusammenarbeit von Gainsbourg und Gall endete ein Jahr später abrupt, nachdem Gall zu ihrer Entrüstung erfahren hatte, dass der Song "Les Sucettes" (Die Lutscher) zwischen den Zeilen eher von Oralsex als von Süßigkeiten handelte. Bis heute weigert sich die Sängerin, die Ende der Achtziger mit "Ella elle l'a" nochmal einen Superhit hatte, der noch heute täglich im Radio zu hören ist, ihre von Gainsbourg komponierten Lieder bei Auftritten jemals zu singen. Schade um diesen wunderschönen Ohrwurm und Eurovision-Evergreen.

Montag, 9. Mai 2011

Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 5. Verka Serduchka - Dancing Lasha Tumbai

Der Ukrainer Andrej Mychajlowytsch Danylko spielte bereits 1997 in seiner eigenen Comedy-Talk-Show die ältere und etwas verrückte Dame Verka Serduchka. Zehn Jahre später zog es Frau Serduchka schließlich zum Eurovision Song Contest nach Helsinki, wo sie mit Sicherheit den abgedrehtesten und glamouröstesten Auftritt des Abends hinlegte.


Schon allein auf das spektakuläre Outfit, ein von einem riesigen, paillettenbesetzten fünfzackigen Stern gekrönter silbrig-glitzerndem Kapuzenmantel, wäre Lady Gaga noch heute neidisch. Und auch musikalisch ist "Dancing Lasha Tumbai" mindestens so überzogen wie die Kostümwahl des Interpreten. Die programmatische Marschrichtung erfährt der Zuhörer egleich zu Beginn des ukrainisch-russisch-deutsch-englischen Beitrags: "Me English nicht verstehen! Let's speak dance!" Und wahrlich lässt einem die aberwitzige, von einem gnadenlosen Discobeat unterlegte Akkordeonmelodie gar keine andere Wahl als zumindest mit dem Tanzbein zu zucken. Verka Serduchka erreichte mit diesem surrealen Fiebertraum von Disco-Ohrwurm den zweiten Platz an jenem Abend und auch nach dem Wettbewerb reichte es für diesen in einigen europäischen Ländern zu vorderen Hitparadenplatzierungen. "Okay, happy end!"

Sonntag, 8. Mai 2011

Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 6. Patricia Kaas - Et s'il fallait le faire

Patricia Kaas ist einer der wenigen, wenn nicht der einzige veritable Superstar West- und Mitteleuropas, der in den letzten Jahren sein Land beim Eurovision Song Contest vertrat. Mit ihrer Mischung aus klassischem Chanson, Jazz und Pop hatte sie bereits 16 Millionen Tonträger verkauft, bevor sie 2009 für Frankreich zum ESC in Moskau reiste. Für den Finaltermin am 2. Juni brach Madame Kaas gar mit ihrer goldenen Regel, niemals an diesem Tag (dem Todestag ihrer Mutter) aufzutreten. Und wahrlich war es ein ganz großer Moment, beim Eurovision Song Contest einer Sängerin dieser Klasse, Eleganz, Grandeur und künstlerischen Reife lauschen zu dürfen. Ihr Vortrag der (für den ESC eventuell zu) zurückhaltenden und fragilen Ballade "Et s'il fallait se faire" sorgte schlichtweg für Gänsehaut. Leider war die Eurovision-Gemeinde an jenem Abend wohl zu sehr auf einen (zugegebenermaßen sehr sympathischen) grinsenden Fiedler aus Norwegen konzentriert, um den großen Auftritt der Kaas entsprechend würdigen zu können. Mit Platz 8 kam "Et s'il fallait se faire" zwar nicht schlecht weg, war aber dennoch unter Wert geschlagen. Quel dommage!

Samstag, 7. Mai 2011

Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 7. Alf Poier - Weil der Mensch zählt

2003 schickte die Alpenrepublik Österreich den auch in Deutschland aus "Quatsch Comedy Club" und Co. bekannten Anarchokomödianten Alf Poier zum 48. Eurovision Song Contest nach Riga. Die Nominierung Poiers wurde im Lande von Mozart und Strauss ähnlich kontrovers als Untergang des musikalischen Abendlandes diskutiert, wie es in Deutschland fünf Jahre zuvor bei der ESC-Teilnahme von Guildo "...hat euch lieb!" Horn der Fall war.

Der Text von "Weil der Mensch zählt" kann bei aller durchgeknallten Gaga-Qualität auch durchaus als ernstzunehmende Öko-Botschaft im dadaistischen Gewand verstanden werden, mit zusätzlichen Seitenhieben auf Globalisierung und Fortschrittsglauben. Die wilde musikalische Kombination aus Sprechgesang, Volkslied und Einsprengseln aus Funk und Heavy Metal funktioniert überraschend gut und ist natürlich womöglich auch eine augenzwinkernde Satire auf den eurovisiontypischen Anspruch, es möglichst viele Zuschauern recht machen zu wollen. Und welch ein Erfolg: Trotz Sprachbarriere erreichte Poier (evtl. aufgrund seiner fantastischen Tanzeinlagen?) mit dem 6. Platz Österreichs bestes Resultat seit anderthalb Jahrzehnten.

Freitag, 6. Mai 2011

Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 8. Dschinghis Khan - Dschinghis Khan

"Dschinghis Khan", mit Sicherheit der einzige Song in der Geschichte des Liederwettstreits bei dem einer der berüchtigsten Herrscher der Weltgeschichte für Thema, Titel und Interpretenname Pate stand, vertrat Deutschland 1979 beim Eurovision Song Contest in Jerusalem. Auch die Tatsache, dass gerade der deutsche Beitrag ausgerechnet beim Wettbewerb in Israel die stimmungsvolle Textzeile "Sie trugen Angst und Schrecken in jedes Land und weder Blitz noch Donner hielt sie auf" enthielt, mutet für uns politisch korrekte Gemüter etwas unglücklich an.

Doch dank bunter Kostüme, einer schmuck choreografierten Performance und dem mitreißenden Beat des schmissigen Songs, der vom ersten "Hu! Ha! Hu! Ha!" an drei Minuten Vollgas gibt, holte "Dschinghis Khan" den respektablen vierten Platz beim ESC und belegte im Anschluss mehrere Wochen lang Platz 1 in der Hitparade. Und Verse wie "Lasst uns Wodka holen, denn wir sind Mongolen" oder "Er zeugte sieben Kinder in einer Nacht, über seine Feinde hat er nur gelacht" sind und bleiben einfach unvergessliche poetische Perlen. Ha! Hu ha hu!

Donnerstag, 5. Mai 2011

adlerkuss im Kino: Scream 4

Über zehn Jahre nachdem ein Serienkiller, der eine auf Edvard Munchs "Schrei" basierende Maske trug, (erstmals) Jagd auf sie gemacht und dabei so manchem Teenager hässliche und tödliche Stichverletzungen zugefügt hatte, kehrt Sidney Prescott (Neve Campbell) in ihren Heimatort Woodsboro zurück, um ihre Autobiografie vorzustellen. Aber potzblitz, schon wieder sterben Menschen und Polizist Dewey (David Arquette) und seine Frau, die ehemalige Sensationsreportin Gale (Courtney Cox) haben schwer damit zu tun, die jungen Leute des Ortes (u.a. Emma Roberts als Sidneys Nichte Jill und Hayden Panetierre) vor dem Mörder mit dem großen Messer und der schwarzen Kutte zu schützen...

"Scream 4" (oder wie es auf dem Plakat heißt: "SCRE4M") wirkte, nachdem die deutlich schwächeren Fortsetzungen des ebenso originellen wie grusligen Originals von 1996, das seinerzeit die Renaissance des Tennie-Schlitzer-Films eingeläutet hatte, schon schwer enttäuscht hatte, schon vorab wie ein guter Kandidat für den Preis für die unnötigste Fortsetzung des Jahres. Allerdings ist den Machern um Regielegende Wes Craven und Drehbuchautor Kevin Williamson, die auch schon gemeinsam am ersten Teil gearbeitet hatten, eine überraschend unterhaltsame und gelungene Neuauflage gelungen.

Die alten Recken Campbell, Cox und Arquette haben erfreulicherweise mehr als nur einen kleinen Kurzauftritt und ihre Charaktere wirken auf den Scream-Fan wie alte Bekannte, die man aus den Augen verloren hatte, sodass eine ordentliche Portion Neunziger-Jahre-Nostalgie durchaus einen Teil des Reizes des Films darstellt. Natürlich werden auch hier wieder altbekannte Horrorfilmklischees nach allen Regeln der Kunst thematisiert, gebrochen oder letztlich doch hin und wieder gnadenlos durchexerziert. Und auch zu der durch "Hostel" und "Saw" ausgelösten, ultrabrutalen Art des zeitgenössischen Horrofilms setzt sich "Scream 4" sowohl durch seine klassischere Inszenierung der Morde, als auch explizit verbal angenehm ab: "I hate all that torture porn", sagt eine Figur im Zuge der sehr abgedrehten Exposition, die allein schon fast die Kinokarte wert wäre, über Saw 4.

"Scream 4" ist nach dem Original der zweitbeste Teil der Reihe und bietet vor allem uns Kindern der Neunziger spaßiges Popcorn-Kino, auch wenn die eine oder andere Pointe mal ins Leere läuft und der Gruselfaktor wahren Horrorfans wohl auch etwas zu gering sein könnte.

Deutscher Kinostart: 05.05.

Wertung: 3,5 von 5 Adlern.






Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 9. Katja Ebstein - Wunder gibt es immer wieder

Katja Ebstein, die Grande Dame der deutschen Eurovision-Song-Contest-Geschichte landete bei insgesamt drei Teilnahmen immer auf dem Siegertreppchen – jedoch nie auf dem obersten. Bei ihrem ersten ESC im Jahr 1970 trat sie mit dem optimistischen Songtitel "Wunder gibt es immer wieder" an und erreichte mit dem dritten Platz die bis dato beste deutsche Platzierung im Wettbewerb überhaupt. Komponiert hatte das Lied ihr damaliger Ehemann Christian Bruhn (dem die Welt unter anderem auch Roberto Blancos "Ein bisschen Spaß muss sein" und die Titelmelodie von "Wickie und die starken Männer verdankt). "Wunder gibt es immer wieder" paart jazzig angehauchte Orgelklänge mit wohl dosiertem Orchesterbombast sowie Ebsteins strahlend schöner Stimme und erinnert damit ein wenig an eine etwas bravere, aber sicher nicht schlechtere Variante von Janis Joplins "Piece of My Heart". Wenn zu dieser großartigen Stimme dann auch noch wunderbare Haare, ein hellblaues, gar sehr kurzes Minikleid und meterlange Beine bis zu den silbernen Stiefeln hinzukommen, lässt sich das Gesamtpaket gar nicht anders kommentieren als mit einem begeisterten "Wunder gibt es immer wieder".

Mittwoch, 4. Mai 2011

Top 10 Eurovision Songs aller Zeiten: 10. Laka - Pokušaj

Der Eurovision Song Contest (früher im deutschen Sprachraum oftmals frankophiler als Grand Prix Eurovision de la Chanson bekannt) ist eines der größten Showspektakel der Welt und bietet dank maltesischen Balladen, lachhaft überchoreographierten armenischen Tanzstampfern und dem weiten Feld irgendwo dazwischen höchst interessante Einblicke in die Befindlichkeiten und Geschmäcker unseres vielfältigen Kontinents. Dies gilt in einer zunehmend globalisierten und anglo-zentrierten Welt zwar weniger als noch vor 15 Jahren, aber dennoch ist der Eurovision Song Contest wohl die einzige Gelegenheit des Jahres, bei der man mal einem litauischen Sänger oder einer zypriotischen Sängerin lauscht. Als kleiner Countdown zum Eurovision Song Contest 2011, dessen Finale am Samstag den 14. Mai in Düsseldorf stattfinden wird, präsentiert adlerkuss in den verbliebenen zehn Tagen bis dahin eine schwer subjektive Top-10-Liste der besten Beiträge der bisherigen 55 Ausgaben des Liederwettstreits.

Den Anfang macht der Beitrag Bosnien-Herzegowinas aus dem Jahr 2008, für den es vor drei Jahren immerhin ebenfalls zu Platz 10 reichte. Der mitreißend groovende Song, der wenn er nicht grade naiv-charmant quäkend und in serbokroatischer Sprache vorgetragen wäre, von Struktur und Instrumentierung her durchaus auch von Coldplay hätte sein können ist trotz der Sprachbarriere ein gnadenloser Ohrwurm. Und jetzt alle: "Pokušaću da te poljubim a ti se pravi luda!"