Sonntag, 27. November 2011

Dojos' warme Platten: Blind Pilot - We Are the Tide

Einem blinden Piloten zu vertrauen ist ja nicht allzu selbstverständlich, dass manche von ihnen aber doch zu blindem Vertrauen berechtigen, beweisen die zauberhaften Blind Pilot auf ihrem zweiten Album „We are the Tide.“ Bereits 2008 ließ die Band aus Oregon mit ihrem Debüt „Three Rounds and a Sound“ aufhorchen, und kreiert nun das, was man Nachfolgewerken immer wünscht: Einen Sound der so frisch klingt, als hätte es den Erstling nie gegeben, und einen Stil, der an seinem Risiko gereift ist.

Zum Stilbruch lassen die Indie-Folker es trotzdem nicht kommen. Gleich der Opener „Half Moon“ klingt ein bisschen wie der Aufprall von Gary Barlow im erfrischenden Pool, nachdem ihn Chris Martin vom Meterbrett geschubst hat. „I dreamt a trail up to the sky / And my brothers built propellers / Just to see how far they‘d fly.” Zeilen wie diese zeigen, dass Barlow sicher nicht umsonst geflogen ist, und dass es für mindestens eine Albumlänge zum Glück keines Auftauchens bedarf, weder für Barlow, noch für uns. „Tell me more than what you can guess. / Feel like thunder then quick to forget / Always looking for what is not yet.“ heisst es in “Always” und man bekommt das Gefühl, dass eben jenes, das da noch nicht ist, sich zumindest erahnen lässt, wenn auch nur für einen kurzen Moment mit der versöhnlichen Leichtigkeit des Refrains. Dieses schmerzumwölkte Pop-Appeal, wird vor allem in den mittleren Songs des 10-Track-Albums spürbar. Vehement verweigert sich jetzt Israel Nebekers Stimme jedem Anflug von Pathos, und formt so eine scheue Dringlichkeit, der ein spärliches Instrumentarium genügt, um die Lieder so klingen zu lassen, als wären sie rechtzeitig vor dem Bügeleisen aus James Blunts Hosentasche gerettet worden.
„Born in like a reason. / blown out like a Ghost.“ singt Nebeker in „Just One“, einem schwindelerregend schönen Folksong, der das Album mit beschließt.

Man mag diese Prophezeiung beim besten Willen nicht in Frage stellen, wenn uns Blind Pilot nach knapp 40 Minuten wieder den Geräuschen fern ihres Longplayers überlassen, und wenn das, was sich vorher still anfühlte, jetzt in eigenwilliger Tiefe nachklingt. Oder, um es mit den Worten der Band zu sagen: „..and these lines tell the truth, / these city veins answer all they do / So, could you keep me in the pulses, could you keep me in the sound….“ Nichts leichter als das.

Donnerstag, 24. November 2011

Gone, but not forgotten: Freddie Mercury starb heute vor 20 Jahren

Der 1946 als Farrokh Bulsara auf Sansibar geborene Leadsänger von Queen gilt gemeinhin und zurecht als größter Rock-Frontmann aller Zeiten. Der auf der Bühne stets herrlich exaltiert agierende Mercury fand Anfang der 70er Jahre in London mit Bassist John Deacon, Gitarrist Brian May und Schlagzeuger Roger Taylor zusammen, der Rest ist Musikgeschichte: Queen verkauften über 300 Millionen Alben und viele ihrer Songs gingen ins kollektive Kulturgut ein, so wüssten Sportveranstalter ohne "We Are the Champions" beileibe nicht, was bei Siegerehrungen sonst zur Untermalung gespielt werden könnte. Freddy Mercury starb am 24. November 1991, nur einen Tag nachdem er seine AIDS-Erkrankung öffentlich gemacht hatte, an den Folgen einer Lungenentzündung.

Hier einer der größten Live-Momente von Queen, ihr sensationell mitreißender Auftritt bei Live Aid in London 1985:



Und hier noch die großartige, wohl auch Steine erweichende fünfte und letzte Single vom letzten zu Freddies Lebzeiten erschienenen Queen-Album "Innuendo":



Those days are all gone now but one thing's still true: when I look and I find I still love you....

Mittwoch, 23. November 2011

"Show Me the Place": Neue Musik von Altmeister Leonard Cohen!

Heißa, das nächste Jahr geht musikalisch ja schonmal äußerst viel versprechend los: Singer-Songwriter-Legende Leonard Cohen wird Ende Januar 2012 sein erstes Studioalbum seit 8 Jahren veröffentlichen. Einen ersten Einblick in "Old Ideas" bietet uns der 77(!)-jährige schon jetzt, denn den Song "Show Me the Place" kann man sich auf Cohens Website (oder einfach unten) anhören. Mit seinem eindringlichen Text und dem warmen, ja geradezu feierlichen Arrangement mit Klavier, Streichern und Jennifer "Time of My Life" Warnes als Backgroundsängerin übertrifft "Show Me the Place" die hohen Erwartungen, die man an neues Material eines Künstlers von Cohens Rang hat sogar noch und garantiert sowohl Gänsehaut als auch viele Male wiederholtes Betätigen des Play-Buttons. Bei Vorbestellung des neuen Albums (zu äußerst fairen Preisen) hier bekommt man den Song sogar zum sofortigen Download. Hach, willkommen zurück, großer alter Mann!

Freitag, 18. November 2011

adlerkuss im Kino: Submarine

Oliver Tate (Craig Roberts) ist ein 15jähriger Außenseiter, der Shakespeare liebt und sich in teenagerüblicher Selbstbesessenheit gern als Hauptfigur eines fiktiven Filmes imaginiert. Oliver, der in einer ganz besonders trostlosen Variante eines verregneten Wales lebt, hat sich zwei Missionen gesetzt: Zum einen möchte er die eingeschlafene Ehe seiner Eltern (Noah Taylor, Sally Hawkins) wieder auf Vordermann bringen, zum anderen ist da Pyromanin Jordana (Yasmina Paige), seine erste große Liebe, mit der die Dinge ebenfalls alles andere als einfach sind...

Dieser Oliver ist ein liebenswerter Freak, der wie eine Mischung aus Harold (ohne Maude) und der verjüngten Variante eines durchschnittlichen Woody-Allen-Protagonisten daherkommt, ein Poster des Stadtneurotikers hängt konsequenterweise auch über seinem Bett. Einen Großteil seiner herrlich trockenen Komik zieht der Film aus dem Kontrast von Olivers durch Voiceover und schicke Schnitte vermittelte Gedankenwelt und seiner tatsächlichen Lebensrealität. Neben Craig Roberts, der in der Hauptrolle einem der großartigsten skurrilen Charaktere der jüngeren Filmgeschichte Leben einhaucht, glänzt auch der Rest der Darstellerensembles, allen voran Happy-Go-Lucky Sally Hawkins und Noah Taylor, die auf berührende Art und Weise ein Paar darstellen, dem die Liebe abhanden gekommen scheint.

Richard Ayoade, dem einen oder anderen evtl. bekannt als Computernerd Moss aus der britischen Comedyserie The IT Crowd, ist ein außergewöhnliches Drehbuch- und Regiedebüt gelungen, das gleichzeitig absurd überzogen, aber auch absolut nachfühlbar den Schrecken, die Verunsicherung und hin und wieder auch das ungestüme Glück zeigt, die gern auch sprunghaft abwechselnd die Pubertät prägen. Ayoade inszeniert leichtfüßig, anspielungsreich und nähert sich wann immer es passt auch der Ästhetik von Musikvideos. Überhaupt, die Musik: Alex Turner, der Sänger der Arctic Monkeys, hat für den Film eine Hand voll wahrlich großartiger Songs geschrieben, die die Handlung untermalen, unterstützen und auch selbst voran treiben.

"Submarine" ist sicherlich die beste (Tragi-)Komödie des Jahres, ein kleines, charmantes, absolut gelungenes Meisterwerk, das weit über den Kinobesuch hinaus verzaubert und begeistert. Unbedingt ansehen!

Deutscher Kinostart: 17. 11.
Wertung: 5 von 5 Adlern.



Samstag, 12. November 2011

Herrlich harmonischer Indiepop: The Deprevations' neueste EP im Stream und zum Download

Die "Mosey EP" der vierköpfigen irischen Band The Deprevations wurde bereits im Februar veröffentlicht, ich bin allerdings erst jetzt über selbige gestolpert und schwer angetan. Klanglich eine Kreuzung aus Fleet Foxes und The XX und gleichzeitig doch ganz anders bieten The Deprevations auf diesen fünf sehr sparsam arrangierten kleinen Songperlen wunderbaren Harmoniegesang, der in Ohr und Herz geht. Den eigenen Anspruch beschreibt die Band auf ihrer Website recht charmant: "We try to make pleasant yet interesting songs for you to hear in your ears which will give you some kind of joy or something." Das Debütalbum der Herren aus Galway soll noch dieses Jahr erscheinen und böte so sicher eine geschmackvolle Ergänzung des weihnachtlichen Gabentisches.