Samstag, 22. Mai 2021

Eurovision Song Contest 2021: Das traditionelle Trinkspiel und der Stimmzettel für die Sofa-Jury

 In knapp 12 Stunden ist es wieder so weit, in Rotterdam findet der 65. Eurovision Song Contest  (früher im deutschen Sprachraum oftmals frankophiler als Grand Prix Eurovision de la Chanson bekannt) statt – eines der größten Showspektakel der Welt, das alljährlich höchst interessante Einblicke in die Befindlichkeiten und Geschmäcker unseres vielfältigen Kontinents bietet. In diesem Jahr gibt es unter anderem die finnische Antwort auf Limp Bizkit, einen hyperaktiv fröhlichen Deutschen  und überraschend viele glitzernde Fransenfummel zu bestaunen.

Auch dieses Jahr bietet adlerkuss natürlich wieder über Mediafire zum direkten Download sowohl eine Wertungstafel für die Stimmabgabe der heimischen Sofa-Jury als auch das beliebte , feuchtfröhliche adlerkuss-ESC-Trinkspiel fürs heimische Sofa. 6825 Trunkenbolde, die das Trinkspiel in den letzten Jahren bereits runtergeladen haben, können ja nicht irren!

Und für die Wartezeit bis es endlich losgeht eignet sich neben der urkomischen Eurosong-Episode der irischen Sitcom Father Ted auch der wunderbare Netflix-Film Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga.

Hier noch der bemerkenswerteste Song der beiden Halbfinals, der es leider nicht ins heutige Finale geschafft hat. Aus irgendeinem Grund war ich Fyr und Flamme für die gut gelaunten, dänisch singenden Dänen, denen der Modern-Talking-Schlagersound in der Grauzone zwischen Ernst und Parodie sehr gut zu Gesicht steht:

Freitag, 21. Mai 2021

Top 10 der besten Lieder beim Eurovision Song Contest: Die Nuller Jahre (Platz 5-1)

Und hier nun der Rückblick auf die fünf besten Songs bei den 10 Eurovision Song Contests der Nuller Jahre.

5. Marija Šerifović - Molitva

2007 in Helsinki gewann mit der schwermütigen Balkanballade Molitva das erste Mal seit 1995 wieder ein nicht englischsprachiger Beitrag den Eurovision Song Contest. Und dies auch ganz folgerichtig, denn trotz serbokroatischem Text sangen sich Marija und ihre fünfköpfige Unterstützerinnenschar mt ihrer schlichten, aber eleganten Performance und der effektvollen Instrumentierung mit dramatischen Streichern und My-Heart-Will-Go-On-Flöte direkt in die Herzen Europas.



4. Alf Poier - Weil der Mensch zählt

2003 schickte die Alpenrepublik Österreich den Anarchokomödianten Alf Poier zum 48. Eurovision Song Contest nach Riga. Die Nominierung Poiers wurde im Lande von Mozart und Strauss ähnlich kontrovers als Untergang des musikalischen Abendlandes diskutiert, wie es in Deutschland fünf Jahre zuvor bei der ESC-Teilnahme von Guildo "...hat euch lieb!" Horn der Fall war. Der Text von "Weil der Mensch zählt" kann bei aller durchgeknallten Gaga-Qualität auch durchaus als ernstzunehmende Öko-Botschaft im dadaistischen Gewand verstanden werden, mit zusätzlichen Seitenhieben auf Globalisierung und Fortschrittsglauben. Die wilde musikalische Kombination aus Sprechgesang, Kinderlied und Einsprengseln aus Funk und Heavy Metal funktioniert überraschend gut und ist natürlich womöglich auch eine augenzwinkernde Satire auf den eurovisiontypischen Anspruch, es möglichst vielen Zuschauern recht machen zu wollen. Und welch ein Erfolg: Trotz Sprachbarriere erreichte Poier (evtl. aufgrund seiner fantastischen Tanzeinlagen?) mit dem 6. Platz Österreichs bestes Resultat seit anderthalb Jahrzehnten.

 


3. Patricia Kaas - Et s'il fallait le faire

Mit ihrer Mischung aus klassischem Chanson, Jazz und Pop hatte Madame Kaas bereits 16 Millionen Tonträger verkauft, bevor sie 2009 für Frankreich zum ESC in Moskau reiste. Für den Finaltermin am 2. Juni brach Madame Kaas gar mit ihrer goldenen Regel, niemals an diesem Tag (dem Todestag ihrer Mutter) aufzutreten. Und wahrlich war es ein ganz großer Moment, beim Eurovision Song Contest einer Sängerin dieser Klasse, Eleganz, Grandeur und künstlerischen Reife lauschen zu dürfen. Ihr Vortrag der (für den ESC eventuell zu) zurückhaltenden und fragilen Ballade "Et s'il fallait se faire" sorgte schlichtweg für Gänsehaut. Leider war die Eurovision-Gemeinde an jenem Abend wohl zu sehr auf einen (zugegebenermaßen sehr sympathischen) grinsenden Fiedler aus Norwegen konzentriert, um den großen Auftritt der Kaas entsprechend würdigen zu können. Mit Platz 8 kam "Et s'il fallait se faire" zwar nicht schlecht weg, war aber dennoch unter Wert geschlagen. Quel dommage!



2. Verka Serduchka - Dancing Lasha Tumbai

Der Ukrainer Andrej Mychajlowytsch Danylko spielte bereits 1997 in seiner eigenen Comedy-Talk-Show die ältere und etwas verrückte Dame Verka Serduchka. Zehn Jahre später zog es Frau Serduchka schließlich zum Eurovision Song Contest nach Helsinki, wo sie mit Sicherheit den abgedrehtesten und glamouröstesten Auftritt des Abends hinlegte. Schon allein auf das spektakuläre Outfit, ein von einem riesigen, paillettenbesetzten fünfzackigen Stern gekrönter silbrig-glitzerndem Kapuzenmantel, wäre Lady Gaga noch heute neidisch. Und auch musikalisch ist "Dancing Lasha Tumbai" mindestens so überzogen wie die Kostümwahl des Interpreten. Die programmatische Marschrichtung erfährt der Zuhörer gleich zu Beginn des ukrainisch-russisch-deutsch-englischen Beitrags: "Me English nicht verstehen! Let's speak dance!" Und wahrlich lässt einem die aberwitzige, von einem gnadenlosen Discobeat unterlegte Akkordeonmelodie gar keine andere Wahl als zumindest mit dem Tanzbein zu zucken. Verka Serduchka erreichte mit diesem surrealen Fiebertraum von Disco-Ohrwurm den zweiten Platz an jenem Abend und auch nach dem Wettbewerb reichte es für diesen in einigen europäischen Ländern zu vorderen Hitparadenplatzierungen. "Okay, happy end!"



1. Lordi – Hard Rock Hallelujah

Finnland war seit Anfang der Sechziger Jahre nahezu durchgehend beim Eurovision Song Contest vertreten und obwohl das suomische Selbstverständnis der eigenen Nation enormen Sinn für Poesie und Musikalität unterstellt, hat es mit dem Erfolg beim ESC nie so ganz klappen wollen, sodass bis 2005 bei 39 Teilnahmen als bestes Abschneiden ein sechster Platz zu Buche stand, neunmal war man gar Letzter geworden. Es war also wahrlich eine monströse Aufgabe, Finnlands Bilanz aufzupolieren und konsequenterweise schickte man 2006 also auch die aus vier Monstern bestehende Hardrock-Band Lordi zum Eurovision Song Contest nach Athen. Die Nominierung einer kostümierten Metal-Formation sorgte allerdings im Vorfeld für landesweite Entrüstung, sodass es sogar verzweifelte und erfolglose Aufrufe an den Präsidenten gegeben hatte, damit dieser Kraft seines Amtes Lordi vom Song Contest verbannen möge.

Beim Wettbewerb legten die wilden Kreaturen um das auf 40 Zentimeter hohen Plateauschuhen rockende Frontmonster mit der schlechten Gesichtshaut, der riesigen Axt und den eindrucksvollen aufklappbaren (!) Fledermausflügeln dann schließlich einen unvergesslichen Auftritt hin, wie ihn der Wettbewerb noch nie gesehen hatte. Auch musikalisch war der Stampfer mit dem programmatischen Titel "Hard Rock Hallelujah", der schwer an Kiss und Alice Cooper erinnerte, ein headbangendes Vergnügen, das sofort ins Ohr ging, sodass das Gesamtpaket Lordi schließlich mit Rekordpunktezahl den Sieg holte. Und das stolze Heimatland ließ sich nicht lumpen: Zum Empfang nach dem Sieg versammelten sich 70000 Leute in Helsinki, der zentrale Platz in Lordis Heimatstadt Rovaniemi wurde in Lordi Square umbenannt, in den Supermarktregalen wurde Lordi-Cola verkauft und 2007 schließlich zierten Lordi offizielle Briefmarken des Landes. Hard! Rock! Hallelujah!

Mittwoch, 19. Mai 2021

Top 10 der besten Lieder beim Eurovision Song Contest: Die Nullerjahre (Platz 10-6)

In der letzten ESC-Saison vor zwei Jahren blickte adlerkuss auf die von Irland dominierten 90er Jahre beim Eurovision Song Contest zurück, nun ist das nächste Jahrzehnt an der Reihe. Die 2000er Jahre bescherten dem Wettbewerb einen bis dato unbekannten Spektakelfaktor, aufgrund immer weiter wachsender Teilnahmezahl die Einführung zunächst eines, dann zweier Halbfinals und zum Ende des Jahrzehnts 2009 das von vielen Fans sehr kritisch beurteilte Comeback der Länderjurys in Ergänzung zur Zuschauerabstimmung. Nach vollständiger Betrachtung aller zehn Wettbewerbe des Jahrzehnts in den letzten neun Tagen (dauerhafte Schäden schließe ich nicht aus) hier Platz 10 bis 6 der gnadenlos subjektiven Top 10 der besten Lieder beim Eurovision Song Contest in den 2000er Jahren.

10. The Ark - The Worrying Kind

Nachdem die norwegische Glamrockband Wig Wam zwei Jahre zuvor einen sehr achtbaren neunten Platz geholt hatte, schickte auch das Nachbarland Schweden 2007 eine ähnlich gelagerte Musikgruppe zum Eurovision Song Contest: The Ark waren eine der populärsten Bands des Landes und ihr mit einer ordentlichen Prise ABBA gewürzter, groovy Glampoprocksound mit Ohrwurmfaktor hob sich bei der Show in Helsinki deutlich von der Konkurrenz ab.

 

 

9. Les Fatal Picards - L'amour à La Française

Absurderweise direkt nach The Ark traten 2007 in Helsinki fünf schwarz-pink gekleidete Franzosen auf, deren mitreißenden Ska-Punk-Pop und Bühnenauftritt mit vollem Körpereinsatz ich seinerzeit direkt ins Herz geschlossen und deren Song ich über Jahre hinweg auf diversen Mix-CDs platziert habe. In herrlichem Franglais (quasi die französische Variante von Denglisch) betrauert das vermutlich touristische lyrische Ich den Verlust der französischen Geliebten:  Je suis perdu, here without you / And I'm crazy, seul à Paris. Ein herrlicher Spaß!

 


8. Max - Can't Wait Until Tonight

Stefan Raabs Entdeckung Max Mutzke setzte sich 2004 mit Raabs dritter Komposition die zu ESC-Weihen kommen sollte beim wohl bestbesetzten deutschen Vorentscheid aller Zeiten unter anderem gegen keine Geringeren als Scooter, Sabrina Setlur, Mia. oder Westbam durch. Die mit viel Soul, viel Gefühl und viel geschlossenen Augen vorgetragene relaxte Nummer mit enormem Ohrwurmfaktor beschäftigt sich mit der Vorfreude auf einen gemeinsamen Abend mit einer geliebten Person, exakt dasselbe Thema also mit dem eine gewisse J. Lopez einige Jahre zuvor einen ihrer ersten Hits feiern konnte. Aber ich schweife ab.

 


7. Sébastien Tellier - Divine

Mon dieu! 2008 trat Frankreich erstmals mit einem englischsprachigen Song beim ESC an, was in der Grande Nation zu heftigen Diskussionen bis ins Parlament hinein geführt hatte. Davon gänzlichst unbeeindruckt bot Elektropop-Chansonnier Tellier, der mit einem Golfkart auf die Bühne gefahren kam,Big-Lebowski-Kopf- und -Gesichtsbehaarung sowie Sonnenbrille trug und während seines Vortrags Helium aus einen Ballon einatmete einen dem entspannten Song angemessenen coolen Auftritt. "Divine" wurde von einer Hälfte von Daft Punk produziert und ist herrlich nonchalanter Beach-Boys-inspirierter Lounge Pop.

 


6. Laka - Pokušaj

Die Eurovisiongemeinde war und ist sich enorm uneins, was die Beurteilung des bosnisch-herzegowinischen Wettbewerbsbeitrags von 2008 angeht, vermutlich auch und besonders aufgrund der rätselhaften Bühnenshow samt Wäscheleine, mehrerer Bräute und genereller Aufgekratztheit. Der mitreißend groovende Song jedoch, der, wenn er nicht grade naiv-charmant quäkend und in serbokroatischer Sprache vorgetragen wäre, von Struktur und Instrumentierung her durchaus auch von Coldplay hätte sein können, ist trotz der Sprachbarriere ein gnadenloser Ohrwurm. Und jetzt alle: "Pokušaću da te poljubim a ti se pravi luda!"

 

Dienstag, 18. Mai 2021

Eurovision Song Contest 2021: Tippzettel für die Halbfinals feat. Der beste Song des verlorenen Jahrgangs 2020

Wie Conchitas Phoenix aus der Asche erhebt sich dieser Blog wieder einmal in der schönsten Zeit des Jahres: Die Eurovisionwoche ist angebrochen, ein Fanal für den europäischen Gedanken, für Völkerverständigung in dieser schweren Zeit und für sowohl begeisterndes als auch erschütternd katastrophales Liedgut. Heute Abend steigt in Rotterdam das erste Halbfinale, das im TV ab 21 Uhr vom Hitsender ONE übertragen wird und von den Fernsehlosen live im Internet verfolgt werden kann. Natürlich bin ich Nerd genug um auch für das Halbfinale Tippzettel vorzubereiten, die die fellow nerds hier (1. Halbfinale) und hier (2. Halbfinale am Donnerstag) herunterladen können. Das Tippspiel fürs Finale und das ganz zurecht immer äußerst populäre Trinkspiel folgen natürlich auch noch rechtzeitig. 

 Auch der Mittwoch und der Freitag dieser Woche müssen nicht von ESCugserscheinungen geprägt sein, denn adlerkuss wird an diesen beiden Tagen die Top 10 der besten Eurovision Songs der Nullerjahre vorstellen. Als Vorbereitung dafür bieten sich natürlich auch noch meine Rückblicke auf die irischen 1990er, die fönfrisierten 1980er, die schlaghosenlastigen 1970er, die swingenden 1960er und die hüftsteifen 1950er beim europäischen Liederwettstreit an. 

 Im Vorjahr fiel der ESC ja wegen dieser Virensache aus und während immerhin 26 der für 2020 auserkorenen Künstler mit neuen Songs auch diesmal dabei sind, bleibt den Liedern des Vorjahrs nur das undankbare Schicksal ein ewiger Konjunktiv des potenziellen Erfolges zu bleiben. Hier adlerkuss' verhinderte 12 Punkte aus dem Vorjahr: