Samstag, 12. Mai 2018

Eurovision Song Contest 2018: Das traditionelle Trinkspiel und der Stimmzettel für die Sofa-Jury

In knapp zwei Stunden ist es wieder so weit, in Lissabon findet der 63. Eurovision Song Contest  (früher im deutschen Sprachraum oftmals frankophiler als Grand Prix Eurovision de la Chanson bekannt) statt – eines der größten Showspektakel der Welt, das alljährlich höchst interessante Einblicke in die Befindlichkeiten und Geschmäcker unseres vielfältigen Kontinents bietet. In diesem Jahr gibt es unter anderem Schwermetaller aus Ungarn, eine sich selbst samplende Israelin und einen ukrainischen Vampir zu bestaunen.

Auch dieses Jahr bietet adlerkuss natürlich wieder über Mediafire zum direkten Download sowohl eine Wertungstafel für die Stimmabgabe der heimischen Sofa-Jury als auch das beliebte , feuchtfröhliche adlerkuss-ESC-Trinkspiel fürs heimische Sofa. 6378 Trunkenbolde, die das Trinkspiel in den letzten sechs Jahren bereits runtergeladen haben, können ja nicht irren!

Und für die Wartezeit bis es endlich losgeht eignet sich natürlich die urkomische Eurosong-Episode der irischen Sitcom Father Ted.

Hier noch ein sehr netter Moment aus dem zweiten Halbfinale von vorgestern - die von den Moderatorinnen vorgetanzte Geschichte des Eurovision Song Contest (man achte auch auf den springenden Blusenknopf bei 0:29!)


Top 10 der besten Lieder beim Eurovision Song Contest: Die 80er Jahre (Platz 5-1)

5. Johnny Logan: What's Another Year?

Beim ersten Eurovision Song Contest des Jahrzehnts schmachtete sich Johnny Logan mit Welpenblick und wunderbarer Stimme durch die saxophonsologeschwängerte, ebenso kitschige wie brillante Ballade "What's Another Year". Der Text kann als Ausruf eines unglücklichen Verliebten verstanden werden, der durchaus bereit ist, noch ein weiteres Jahr darauf zu warten, dass die Angebetete seine Gefühle doch erwidern möge. Songwriter Shay Healey beschrieb jedoch die Gefühle seines Vaters nach dem Tod seiner Mutter: "What's another year/To someone who is getting used to being alone?" Da bleibt kein Auge trocken. Eine tolle Coverversion produzierte übrigens 18 Jahre später der am anderen Ende der Schwiegermutterträume angesiedelte Shane McGowan.




4. Bobbysocks: La det swinge

Hanne Krogh und Elisabeth Andreassen hatten beide bereits zuvor mit mittlerem Erfolg beim Eurovision Song Contest teilgenommen, bevor sie für den Wettbewerb 1985 als Bobbysocks zusammen fanden. In dem Lied, dessen Titel auch norwegischunkundige Menschen korrekt als "Lass es schwingen" übersetzen würden, beschwören die beiden in lila Glitzerblousons gewandet wenig tiefgründig aber herrlich mitreßend das Vergnügen, zu einem altmodischen Rock'n'Roll-Song im Radio zu tanzen, zu rocken und, nun ja, zu schwingen.




3. Karoline Krüger: For vår jord

Auch drei Jahre später 1988 in Dublin wusste der norwegische Beitrag sehr zu überzeugen. Diesmal allerdings wartet die 18-jährige Karoline Krüger mit einer Öko-Pianoballade auf, in der eine "Wächterin der Erde" beschrieben wird, die sich als Außenseiterin in der Gesellschaft für die Erde einsetzt. Ganz unabhängig vom Text  bezaubert Karoline mit schöner Melodie und hymnischem Refrain samt "For vår jord"-Rufen der Hintergrundsänger. Für den Song reichte es an jenem Abend nur zu Platz 5, Siegerin wurde eine gewisse Céline Dion für die Schweiz.





 2. Nicole: Ein bisschen Frieden

Nachdem sie sowohl 1980 als auch 1981 bereits auf dem zweiten Platz gelandet waren, gelang es dem Songwriter-Duo Meinunger und Siegel 1982 gemeinsam mit der 17-jährigen Unschuld vom Lande Nicole endlich, den Eurovision Song Contest für Deutschland zu gewinnen. Die naive Friedenshymne traf in Zeiten des kalten Krieges (und auch das gastgebende Großbritannien hatte soeben Truppen in Richtung Falklandinseln entsandt) den Nerv der Zeit und ist sicherlich auch melodisch eine der feinsten Arbeiten von Ralph Siegel. Und wenn Nicole da mit ihrer Gitarre auf dem Barstuhl sitzt und mit glockenheller Stimme "Singt mit mir ein kleines Lied, dass die Welt in Frieden lebt!" trällert, gehört schon eine gehörige Portion Zynismus hinzu, hier ungerührt zu bleiben. 




1. Johnny Logan: Hold me now

What are another seven years, mag sich Johnny Logan gedacht haben, als er sieben Jahre nach seinem Sieg 1980 als bisher einziger Künstler ein zweites Mal beim Eurovision Song Contest triumphieren konnte. Ganz in weiß und mit sehr viel Leidenschaft präsentierte Logan seinen selbst geschriebenen Song, in dem er die Geliebte um eine letzte gemeinsame Nacht bittet, bevor sie sich von ihm trennen wird. Was man eben so macht. Viel Kitsch, ein schickes Arrangement (diese Hintergrundtrompete in der Strophe!) und ein epochaler Refrain mit starkem Mitsingimpuls machen "Hold Me Now" auch nach über 30 Jahren noch zu einem absoluten Highlight der Eurovision-Geschichte. 



Top 10 der besten Lieder beim Eurovision Song Contest: Die 80er Jahre (Platz 10-6)

Im Vorjahr blickte adlerkuss auf die groovenden 70er Jahre beim Eurovision Song Contest zurück, nun ist das nächste Jahrzehnt an der Reihe. In den neonfarbenen und fönfrisurlastigen 80er Jahren hörte man beim Wettbewerb nur mehr selten klassische Chansons, sondern meist (hochgradig durchschnittliche) poppige Schlagerklänge. Nach vollständiger Betrachtung aller zehn Wettbewerbe des Jahrzehnts in den letzten zehn Tagen (dauerhafte Schäden schließe ich nicht aus) hier Platz 10 bis 6 der gnadenlos subjektiven Top 10 der besten Lieder beim Eurovision Song Contest in den 1980er Jahren.

10. Armando Gama: Esta Balada Que Te Dou

 Zwar konnte Portugal erst 2017 erstmals des Eurovision Song Contest für sich entscheiden, bereits 1983 allerdings stammte der beste Song des Jahres aus dem kleinen Land weit im Westen. Sänger Armando Gamas Pianoballade irgendwo zwischen Elton Johns "Your Song" und John Denvers "Colorado Rocky Mountain High" ist ein unprätentiöses kleines Juwel im üblichen Eurovisiongetöse.




9. Jacques Zegers: Avanti La Vie

Anno 1984 stellte sich der belgische Chansonnier drei Minuten lang wie angetackert auf die ESC-Bühne, während seine vier in rot und weiß gekleideten Hintergrundsängerinnen wenigstens wie beim Tennager-Engtanz von einem Fuß auf den anderen wippten.  Diese irgendwie doch eindringliche Anti-Performance konterkariert das wunderbare und lebensbejahende Chanson mit eingängiger Melodie etwas, in dem es doch hauptsächlich darum geht, Gelegenheiten beim Schopfe zu packen, so singt Zegers mit starker Stimme Zeilen wie "Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott / Steh auf und geh los, avanti!" Unbedingt anhören, avanti!




8.  Belle & The Devotions: Love Games

Im selben Jahr wie Jacques Zegers waren auch drei britische Damen mit aus heutiger Perspektive quintessentieller 80er-Optik beim Eurovision Song Contest, deren gefälliger Song allerdings auch stark an Motown-Gruppen wie die Supremes erinnert. Interessanterweise ist diese nette "Cyndi Lauper meets Be My Baby"-Nummer der erste Wettbewerbsteilnehmer, nach dessen Auftritt einzelne Buhrufe zu hören waren. Es gab wohl vorab Playback-Vorwürfe und das Luxemburger Publikum war nachdem englische Hooligans kurze Zeit zuvor das Nationalstadion auseinandergenommen hatten, allem Britischen gegenüber auch noch etwas voreingenommen. Ein völlig unterschätzer Ohrwurm: "You're only playing loooove games, baby..."




7. Jean-Claude Pascal:  C'est peut être pas l'Amérique

Der Pariser Chansonnier und Schauspieler Jean-Claude Pascal hatte auf der Leinwand Brigitte Bardot, Jeanne Moreau und Rita Hayworth verführt, 1961 dann die sechste Ausgabe des Eurovision Song Contests gewonnen und kehrte 20 Jahre später bereits etwas aus der Zeit gefallen wirkend als Elder Statesmen mit rauchiger Stimme auf die ESC-Bühne zurück. Sein etwas melancholisch-trotziger Vortrag von "C'est peut être pas l'Amérique" (mit Zeilen wie: "Es ist vielleicht nicht Amerika, aber Amerika ist nicht alles") ist eine Liebeserklärung an den französischen Chanson und hat definitiv Klasse.




6. Bucks Fizz: You're Making Your Mind Up

Neben ABBA, Lordi und Conchita darf dieser Auftritt wohl als einer der ikonischsten der ESC-Geschichte gelten: 1981 zappelten sich vier sehr blonde Menschen an der Grenze zur Hyperaktivität in sehr bunten Kostümen durch einen unwiderstehlich mitreißenden und äußerst ohrwurmigen Up-Uptempo-Song bis mit dem bis dato ultimativen Showeffekt zur "Zeile "if you wanna see some more" - die beiden Herren mit einem beherzten Zug an der Unterbekleidung der beiden Damen lange Röcke in Miniröcke verwandelten. Bucks Fizz waren nach der ABBA-Formel am Reißbrett für den Contest zusammengestellt worden und feierten in den nächsten Jahren vornehmlich in England tatsächlich noch einige weitere Charterfolge.