
Flirrendes Piano, das sich zum Zweitonloop verkürzt. Dann setzt zunächst ein vertrackter, synkopischer Beat ein, bevor Drummer Phil Selway noch einen weiteren gegenläufigen Rhythmus einbaut und schließlich Thom Yorkes charakteristische Stimme in klagendem Moll die ersten Worte des Albums intoniert: "Open your mouth wide, the universe will sigh...". Und wahrlich steht einem beim ersten Hören der Mund offen. So widerspenstig elektronisch kalt und doch so "Everything in its right place" wie beim Opener "Bloom" hat man die Band seit dem Album "Kid A" im Jahre 2000 nicht mehr gehört. Auch beim nächsten Song "Mr. Magpie" ordnet sich die (immerhin auftauchende) akustische Gitarre dem hektischen Beat, dem zunehmend düsteren Rauschen und dem vagen Hintergrundsummen unter, so wirft Yorke in ungewohnt tiefer Stimmlage passenderweise doch auch dem titelgebenden "Herrn Elster" vor: "Now you’ve stolen all the magic / Took my melody".
Doch dass Radiohead die Melodien noch nicht abhanden gekommen sind, beweist – vom elektronisch-instrumentalen Klangfransenteppich "Feral" abgesehen – schon allein der ganze Rest des Albums, angefangen mit dem durchaus ohrwurmigen Refrain des locker groovenden "Little by Little" und der Vorabsingle "Lotus Flower", die auf großartige Weise einen tanzbaren Beat (man beachte nur das Video!) und eine sphärisch-schwebende Gesangsmelodie kombiniert. Diese Lotosblume, die im Buddhismus ja auch für Erleuchtung steht, scheint auch einen Übergang zu bilden zwischen der elektronischer geprägten ersten Hälfte des Albums und zwei darauffolgenden großen, emotionalen Balladen: Das berührende "Codex" wartet mit Klavier, Bläserensemble und herzzerreißenden Versen wie "Slide your hand / Jump off the end / The water’s clear / And innocent" auf und im etwas an Pink Floyd erinnernden, von einer akustischen Gitarre begleiteten und mit Vogelzwitschern beginnenden "Give Up the Ghost" wiederholt ein geisterhafter Hintergrundchor das Mantra "Don't hurt me / Don't haunt Me" während Yorkes zärtliches Falsett lyrisch vage das Ende einer Beziehung besingt. Im durchaus fröhlichen, wie schwebenden, wunderschönen letzten Song "Seperator" schließlich werden Gitarre und warme Keyboardflächen nochmal mit einem im Vordergrund stehenden Schlagzeugrhythmus kombiniert und Yorke intoniert: "It’s like I’ve fallen out of bed from a long and vivid dream / Finally I’m free of all the weight I’ve been carrying". Hach!
8 Songs in 37 Minuten, 37 faszinierende Minuten auf dem Planeten Radiohead. Album des Jahres? Es würde mich schwer wundern, wenn nicht.
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