Vier Jahre nach Anajos Schwanengesang "Drei" ist deren Kopf Oliver Gottwald wieder munter, er ist wieder drauf: Sein Debüt als Solokünstler "Zurück als Tourist" ist enorm ohrwurmiger Indie-Pop mit cleveren Texten, erinnert damit natürlich an Anajo und das ist durchaus auch gut so. Mit der Unterstützung von Florian Meya an den Saiten und Marc Frank, der zusammen mit Michael Kamm (von den seligen Nova International) auch produziert hat an Schlagwerk und Keyboards scheint der Sound gleichzeitig noch etwas konziser, dennoch variabler und damit womöglich erwachsener geworden zu sein.
So wartet der Rezessionshit "Alles muss raus" mit Sixties-Harmoniegesang auf und "Alter Ego", das in diesem Jahr bei den Indie-Disco-Abenden dieser Republik zahllose Studenten ins Schwitzen bringen sollte, glänzt mit maximoparkesker Zackigkeit und zwingt Gliedmaßen förmlich in Bewegung - ein Highlight des Albums. Als solche müssen auch das auf diesen Seiten bereits erwähnte "Freunde fürs Leben", die neue Single "Perpetuum immobile" und vor allem "Doppeldeckerbus" gelten, eine Welteroberungshymne zum Mitwippen für Frisch- oder Immer-noch-Verliebte: "Uns beiden ganz alleine gehört die Nacht / Im Doppeldeckerbus oben auf der ersten Bank".
Auch bei reduzierterem Tempo geht dem Album nicht die Luft aus. Die Ballade "Balance" bietet die physikalisch fragwürdige Einsicht "Die beste Balance ist das Ungleichgewicht" und im sanften (Fast-)Schlusstrack hören wir eine schöne Formulierung für das Gefühl bei einer bittersüßen Trennung: "Schade, dass es endlich vorbei ist". Im abgefahrenen (nicht besonders) hidden Track reichen sich dann noch Andreas Dorau und Pulp die Hände, bevor doch leider sehr kurze und herrlich kurzweilige 35 Minuten Spielzeit vorbei und wir um eine Erkenntnis reicher sind: Oliver Gottwald ist "Zurück als Tourist" und wir begleiten ihn auf dieser Reise nur allzu gerne.
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